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Zum Thema Sonstiges
- Abhebungsgebühr und Zinsen: Bei Entschädigungsansprüchen der Bahn gegenüber darf man auch kleinlich sein
- Bilder im Internet: Suchmaschine haftet nur bei klarer Rechtslage
- Handtuchplage am Pool: Ständig reservierte Liegen können durchaus einen berechtigten Reisemangel darstellen
- Hessisches Justizkostengesetz: Sonderrecht befreit evangelische Kirche von Gerichtsgebühren
- Trotz nachbarlichem Einverständnis: Fenster in Brandwänden müssen wieder verschlossen werden
Kleinvieh macht bekanntlich auch Mist. Und wenn man bedenkt, wie oft die Bahn, um die es hier geht, zu spät kommt, können auch Kleingeldbeträge in ihrer Summe ins Gewicht fallen. Vor dem Amtsgericht Münster konnte ein Fahrgast, der auf ein Taxi zurückgreifen musste, seine Entschädigungsansprüche bis auf den dafür angefallenen Cent genau durchsetzen.
Ein Mann wollte mit dem Zug fahren, der allerdings Verspätung hatte. Er verlangte ursprünglich Schadensersatz sowie eine Entschädigung in Höhe von 73,09 EUR und klagte das Geld ein. Daraufhin wurden von der Bahn 66,10 EUR für die entstandenen Taxikosten bezahlt. Der Mann verlangte jedoch auch die Abhebegebühr in Höhe von 5,98 EUR und die Zinsen zurück, da er Geld für das Taxi abheben musste.
Das Geld erhielt er tatsächlich. Die Abhebegebühr konnte der Mann nach § 11 Abs. 2 Eisenbahn-Verkehrsordnung (EVO) als erforderliche Aufwendung wegen der Verspätung verlangen. Die EVO ist nach Ansicht des Richters auch neben der europäischen Fahrgastrechteverordnung anwendbar. Das würde sich aus § 11 Abs. 1 Satz 1 EVO ergeben.
Hinweis: Wer gegen die Bahn vorgehen will, hat häufig gute Karten. Ob es sich im Einzelfall lohnt, wegen 6,99 EUR einen Rechtsstreit fortzusetzen, mag jeder für sich selbst entscheiden.
Quelle: AG Münster, Urt. v. 28.09.2023 – 96 C 1400/23
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(aus: Ausgabe 03/2024)
Wer eine Suchmaschine auffordert, Inhalte zu löschen, muss schon angeben, wo diese zu finden sind. Denn sonst wird es mehr als schwer, seine – womöglich sogar berechtigten – Ansprüche durchzusetzen. Ebendies war im Folgenden der Fall, wo eine Löschaufforderung so unklar definiert war, dass dem Landgericht Köln (LG) nur ein Weg blieb.
Ein Schweizer Unternehmen bot Investitionen im Marktsegment von Cannabispflanzen an. In den Ergebnissen einer Suchmaschine wurden zwei unangemessene Bilder des Verwaltungsratspräsidenten und eines Landwirts sowie ein Artikel mit dem Titel “Totalverlustrisiko” angezeigt, die sich inhaltlich alle auf das Unternehmen bezogen. Das Unternehmen, das auch den deutschen Markt bedient, forderte die Suchmaschine auf, die entsprechenden Suchergebnisse zu löschen. Doch die Betreiberin der Suchmaschine teilte mit, dass sie die Bilder nicht finden könne, und bat um konkretere Angaben, wo sich die zu löschenden Inhalte befänden. Das Schweizer Unternehmen reagierte darauf nicht, sondern klagte.
Laut LG kommt zwar grundsätzlich eine Haftung der Betreiberin der Suchmaschine in Betracht. Eine derartige Meldung muss aber ausreichende Angaben enthalten, um es Suchmaschinenbetreibern zu ermöglichen, sich ohne eingehende rechtliche Prüfung davon zu überzeugen, dass die Wiedergabe rechtswidrig ist und eine etwaige Löschung des betreffenden Inhalts mit der Freiheit der Meinungsäußerung vereinbar wäre. Das war hier nicht der Fall – deshalb konnte das Unternehmen auch nicht die Löschung verlangen.
Hinweis: Immer mehr Geschädigte wenden sich wegen irregulärer Einträge gegen Suchmaschinen. Das ist auch ihr gutes Recht und wird durch die Rechtsprechung gedeckt. Im Zweifel hilft ein Rechtsanwalt des Vertrauens weiter.
Quelle: LG Köln, Urt. v. 26.10.2023 – 14 O 285/23
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(aus: Ausgabe 03/2024)
Bei dem folgenden Klassiker handelt es sich quasi um den Nachbarschaftsstreit im Urlaub: die stundenlang per Handtuch reservierte Liege. Diese Form der Auseinandersetzung hat es nun vom Hotelpool bis zum Amtsgericht Hannover (AG) geschafft. Das AG musste beurteilen, ob und wann wegen dieses Markierungsverhaltens urlaubender Sonnenanbeter ein Mangel vorliegt, der entsprechend vergolten werden kann.
Ein Mann hatte auf Rhodos für sich und seine Familie eine Pauschalreise zu einem Wert von über 5.000 EUR gebucht. Das Hotel verfügte über mehrere Swimmingpools und etwa 500 Poolliegen. Es hatte zudem Verhaltensregeln vorgegeben, wonach die Liegen nicht mehr als 30 Minuten ohne Nutzung reserviert werden dürfen. Doch an diese Vorgabe hielten sich die wenigsten Gäste. Der Mann rügte daher mehrfach das Verhalten gegenüber der Hotelleitung, die jedoch nicht gegen die vorgegebenen Verstöße gegen die Verhaltensregeln vorging. Schließlich forderte er einen Teil des Reisepreises in Höhe von knapp 800 EUR zurück. Der Reiseveranstalter war naturgemäß der Auffassung, dass es sich hierbei jedoch nicht um einen Reisemangel handeln würde. Schließlich hätten sich der Mann und seine Familie auch nicht an die Regeln halten müssen und Liegen durch Handtücher reservieren können.
Das AG sprach dem Mann einen Anspruch auf Zahlung von 322,77 EUR zu. Eine Pauschalreise ist dann mangelhaft, wenn der Reiseveranstalter in einer Hotelanlage entweder nur wenige Poolliegen zur Verfügung stellt oder aber nicht einschreitet, wenn andere Reisegäste diese etwa mittels eines Handtuchs längere Zeit reservieren, ohne sie tatsächlich zu nutzen. Zwar ist ein Reiseveranstalter nicht verpflichtet, jedem Hotelgast eine Liege zur Verfügung zu stellen. Dennoch muss die Anzahl der Liegen in einem angemessenen Verhältnis zur Hotelauslastung und damit zur Anzahl der Hotelgäste stehen. Gibt es allerdings zu wenig Liegen, so dass diese für den Reisenden durch das Verhalten anderer wie hier faktisch nicht nutzbar sind, ist der Reiseveranstalter zum Einschreiten verpflichtet. Das Gericht hat insoweit eine Reisepreisminderung von 15 % des Tagesreisepreises der ab der erstmaligen Rüge des Klägers betroffenen Tage angenommen.
Hinweis: Wichtig bei Reisemängeln ist stets, dass diese vor Ort gerügt und die entsprechenden Beweise gesichert werden.
Quelle: AG Hannover, Urt. v. 20.12.2023 – 553 C 5141/23
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(aus: Ausgabe 03/2024)
Dass die finanziellen Sonderrechte der Kirchen größer sind als gedacht, zeigt der Fall des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG). Aber fair muss fair bleiben – die Höhe der Summe, um die es bei einem Rechtstreit geht, sollte nicht dafür entscheidend sein, Unrecht mit einem Augenzwinkern hinnehmen zu müssen.
Ein hessischer evangelischer Regionalverband hatte vor Gericht eine mietrechtliche Streitigkeit geführt und dafür eine Gerichtskostenrechnung in Höhe von 140 EUR erhalten. Dagegen ging der Verband gerichtlich vor und meinte, keine Gerichtsgebühren zahlen zu müssen: Eine zum evangelischen Kirchenapparat zu zählende Stelle sei von der Entrichtung von Gerichtsgebühren schließlich befreit.
Und durchaus bestätigte das OLG, dass Art. 22 Satz 2 des Vertrags der evangelischen Landeskirchen in Hessen mit dem Land Hessen auf das Hessische Justizkostengesetz aus dem Jahr 1958 verweist. Die betreffende Regelung aus dem Jahr 1958 sei zwar zwischenzeitlich nicht mehr in Kraft – der besagte Artikel des Vertrags nimmt jedoch weiterhin auf diese Vorschrift wirksam Bezug. Aus diesem Grund musste der Verband die Gerichtskostenrechnung nicht bezahlen.
Hinweis: Die Finanzierung der Kirchen ist schon seit vielen Jahren ein Streitpunkt. Sie ist historisch gewachsen, aber nicht unabänderlich.
Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 05.01.2024 – 26 Sch 4/23
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(aus: Ausgabe 03/2024)
Dass nicht jede Umbaumaßnahme lediglich vom Wohlwollen des Nachbarn abhängt, zeigt dieser Fall des Verwaltungsgerichts Mainz (VG). Denn hier hatte die Bauordnungsbehörde den berechtigten Einwand bei einer Wand – und zwar sicherheitstechnisch. Dass sie hierbei ein wenig trödelte, spielte für den Ausgang des Ganzen keine wesentliche Rolle.
In der Brandwand eines Wohngebäudes, das auf der Grenze zum Nachbargrundstück stand, wurde im Jahr 2009 ein Fenster eingesetzt, einige Jahre später noch ein zweites. Der Nachbar war damit auch durchaus einverstanden, die Bauordnungsbehörde jedoch nicht. Sie gab den Eigentümern Jahre später auf, die Fenster zu beseitigen, und später im Widerspruchsverfahren obendrein, einen hochfeuerhemmenden Abschluss der Brandwand zu gewährleisten. Gegen den entsprechenden Bescheid klagten die Eigentümer – dies jedoch vergeblich.
Das VG urteilte, dass Öffnungen in Brandwänden unzulässig und deshalb auf Aufforderung der Bauaufsichtsbehörde auch dann zu verschließen seien, wenn der angrenzende Nachbar sich mit diesen einverstanden erklärt hat und die Behörde erst nach längerer Zeit gegen den baurechtswidrigen Zustand vorgeht.
Hinweis: Vor Umbaumaßnahmen sollte stets genau geprüft werden, was bauordnungsrechtlich und bauplanungsrechtlich zulässig ist.
Quelle: VG Mainz, Urt. v. 06.12.2023 – 3 K 39/23.MZ
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(aus: Ausgabe 03/2024)