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Zum Thema Familienrecht
- Bei hohem Betreuungsanteil: Mitbetreuung rechtfertigt Herabgruppierung des Kindesunterhalts
- Sohn oder Berufsbetreuer? Wie bei der Betreuerauswahl korrekt vorzugehen ist
- Teilungsversteigerung: Kindeswohl ist auch bei Zwangsvollstreckung zu beachten
- Verabredung zum Mord: Ehemann darf zum Nebenkläger gegen mordlüsterne Ehefrau werden
- Versorgungsausgleich: Kein Versorgungsausgleich bei folgenschwerer Körperverletzung
Beide Eltern sind den Kindern zu Unterhalt verpflichtet – durch Betreuung oder finanziell. Was passiert, wenn ein Elternteil an sich Barunterhalt schuldet, die Kinder aber de facto mitbetreut, war Dreh- und Angelpunkt im folgenden Fall des Oberlandesgerichts Braunschweig (OLG).
Nach der Trennung im Dezember 2019 blieben die drei Kinder im Haushalt der Kindesmutter. Der Vater zahlte für die Kinder Unterhalt in Höhe von 100 % des Mindestunterhalts abzüglich des hälftigen Kindergelds. Zudem betreute er sie in jeder ungeraden Kalenderwoche von Mittwoch nach Schulschluss bis Montagmorgen zum Schulbeginn, zusätzlich während der Hälfte der Schulferien. Als der Vater vom Amtsgericht verpflichtet wurde, rückwirkend Kindesunterhalt von 115 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe zu zahlen, legte er Beschwerde gegen die Festsetzung des Unterhalts ein, soweit dieser 100 % übersteigt.
Der Vater hatte damit vor dem OLG auch Erfolg: Er blieb der Zahlungspflicht von 100 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe der Kinder nach der Düsseldorfer Tabelle verpflichtet (abzüglich des hälftigen Kindergeldes). Dies ist wegen der beachtlichen Mitbetreuung der Kinder durch den Vater gerechtfertigt. Der Vater betreut die drei Kinder an fünf von 14 Tagen. Addiert man hierzu noch die Betreuung während der Hälfte der Schulferien, entspricht dies einem Betreuungsanteil von gut 35 % – also von mehr als einem Drittel. Ein deutlich erweiterter Umgang kann daher auch zu einer Herabgruppierung der Unterhaltspflicht führen. Dabei spielt es eine Rolle, inwieweit bei der Betreuungszeit über die Gewährung von Naturalunterhalt der Unterhaltsverpflichtung bereits entsprochen und der hauptbetreuende Elternteil entlastet wird.
Hinweis: Auch bei einer Trennung sollte sich jeder Elternteil seine Betreuungsanteile bewusst machen, zum Beispiel durch eine schriftliche Aufstellung. Vielleicht sind diese zu hoch, so dass der Barunterhalt reduziert werden kann.
Quelle: OLG Braunschweig, Beschl. v. 04.04.2025 – 1 UF 136/24
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(aus: Ausgabe 06/2025)
Die Feststellung, dass eine Person unter Betreuung gestellt werden muss, ist die eine Sache. Die andere ist es, einen geeigneten Betreuer zu finden. Besonders schwierig wird es, wenn Familienmitglieder gegen Berufsbetreuer konkurrieren. So hat hier erst der Bundesgerichtshof (BGH) entscheiden, wie für eine rechtsgültige Bewertung in solchen Fällen vorzugehen ist.
Eine im Jahr 1934 geborene Frau leidet an einer Aphasie sowie schweren psychischen Störungen und kann ihre Angelegenheiten rechtlich nicht mehr besorgen. Das Amtsgericht (AG) bestellte deswegen einen Berufsbetreuer sowie eine berufliche Verhinderungsbetreuerin. Dagegen wendete sich der einzige Sohn der Betreuten. Die Betreuung müsse ihm als dem einzigen Sohn übertragen werden. Das Gericht sah ihn aber als ungeeignet an. Er habe sich nachweislich unvernünftig und auch übergriffig der Mutter gegenüber verhalten. Der Sohn wiederum gab an, sich bessern zu wollen. Dem AG reichte das nicht, es hielt dieses Versprechen für eine bloße Absichtserklärung. Während die Beschwerde des Sohns beim Landgericht (LG) noch erfolglos blieb, konnte er vor dem BGH nun einen Etappensieg erringen.
Nach § 1816 Abs. 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch muss dem Wunsch des Betroffenen nach einem bestimmten Betreuer entsprochen werden, außer dieser ist ungeeignet. Schlägt der Betroffene niemanden vor, sind Familienangehörige und Berufsbetreuer gegeneinander abzuwägen. Will ein Familienangehöriger die Betreuung übernehmen und steht dem kein Wunsch des Betroffenen selbst entgegen, ist dem Familienangehörigen der Vorzug zu geben – außer, er ist für die Betreuung ungeeignet. Ob der Sohn ungeeignet ist, hatte das LG jedoch erst gar nicht ausermittelt. Genau aus diesem Grund wurde der Fall dorthin zurückverwiesen.
Hinweis: Achten Sie in einer ähnlichen Situation darauf, dass die Eignung des Betreuers aus dem Familienkreis umfassend beurteilt wird. Es muss eine Gesamtschau vorgenommen werden: War der Familienangehörige unvernünftig? Wenn ja, warum? Wie lange ist das her? Wie ist die Prognose? Nur, wenn die Gesamtschau negativ ist, kann ihm die Betreuung versagt werden.
Quelle: BGH, Beschl. v. 05.03.2025 – XII ZB 260/24
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(aus: Ausgabe 06/2025)
Die Teilungsversteigerung einer gemeinsamen Immobilie kann dem anderen Ehegatten gegenüber rücksichtslos sein, etwa wenn sein Vermögen nachhaltig geschädigt wird oder das Wohl der gemeinsamen Kinder auf dem Spiel steht. Doch wie so oft, steht auch in solchen Fällen die gerichtliche Abwägung vor einem Urteil – so auch im Fall vor dem Amtsgericht Frankenthal (AG).
Die Eheleute leben getrennt, sind aber noch nicht geschieden. Ein Wohnhaus, das im gemeinsamen Eigentum der Ehegatten stand, sollte nun auf Betreiben des Mannes zwangsversteigert werden. Es gehört zu 2/3 der Ehefrau, zu 1/3 dem Mann und wird von der Frau mit den beiden gemeinsamen Kindern bewohnt. Die Tochter ist in kinderpsychologischer Behandlung, die laut der Mutter wegen der Trennung erforderlich sei. Deswegen wollte sie die Teilungsversteigerung auch untersagen lassen.
Grundsätzlich sind das Verlangen und die Durchführung einer Teilungsversteigerung nachvollziehbar. Im Zuge der Scheidung soll auch eigentumsrechtlich Klarheit geschaffen werden. Im Einzelfall kann das Betreiben der Teilungsversteigerung gegenüber dem anderen Ehegatten rücksichtslos sein. Es müssen daher stets die beiderseitigen Interessen abgewogen werden. Auf Seiten des Mannes stehen vermögensrechtliche Interessen – auf Seiten der Frau stehen neben deren Vermögensinteressen aber auch psychologische Gründe. Sie lebt mit den gemeinsamen Kindern in dem Haus. Eine der Töchter hat wegen der Trennung psychologische Probleme, durch die Versteigerung könnten sich diese noch verstärken. Zudem gehören der Ehefrau 2/3 des Hauses. Die Interessen der Ehefrau sind laut AG demnach höher zu bewerten als die Interessen des Mannes. Sie konnte also mit den Kindern im Haus bleiben.
Hinweis: Ob einem Antrag auf Teilungsversteigerung stattgegeben wird oder nicht, richtet sich also immer nach den berechtigten Interessen. Zur Feststellung der berechtigten Interessen zählen Vermögensinteressen genauso, wie sonstige berechtigte Interessen. Hier können Sie so viel wie möglich in die Waagschale werfen: Eigentumsanteile, Kindeswohl und nicht zuletzt auch die eigene psychische Gesundheit.
Quelle: AG Frankenthal (Pfalz), Beschl. v. 24.03.2025 – 5 K 13/24
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(aus: Ausgabe 06/2025)
Viele heiraten – viele trennen sich. Zwar lassen Krimis anderes mutmaßen, doch in der Realität wollen wohl die wenigsten lieber über einen Auftragskiller statt über eine Scheidung Fakten schaffen lassen. Wenn man dennoch diesen illegalen Weg wählt und schließlich versagt – so wie im Fall vor dem Landgericht Ansbach (LG) -, darf in solchen Konstellationen das einst ins Visier geratene Opfer im Strafverfahren als Nebenkläger auftreten.
Der Ehemann war in Urlaub in Thailand. Seine Frau und deren Liebhaber wollten endlich freie Bahn haben und beschlossen, den Ehemann töten zu lassen. Dazu beauftragten sie einen Auftragskiller. Der Killer nahm zwar das Geld an, die Tötung wollte er dann doch nicht ausführen. Der Plan kam schließlich ans Licht. Ehefrau, Liebhaber und Killer wurden wegen Verabredung zum Mord angeklagt. Am Ende saßen alle drei wegen Verabredung zum Mord – der Killer zudem wegen Betrugs – auf der Anklagebank beim LG.
Nach der Untersuchungshaft nahm der Ehemann die Ehefrau zwar wieder in die eheliche Wohnung auf, beantragte aber die Zulassung als Nebenkläger im Strafverfahren. Dies wurde ihm vom LG schließlich auch erlaubt. Nach § 395 Abs. 3 Strafprozessordnung kann die Nebenklage zugelassen werden, wenn diese wegen der schweren Folgen der Tat zur Wahrnehmung der Interessen des Geschädigten geboten erscheint. Das war hier der Fall. Schließlich sollte dem Mann das Leben genommen werden. Zudem hat er mit der Ehefrau gemeinsames Vermögen und auch gemeinsame Kinder. Es besteht also ein Interesse am Ausgang des Verfahrens.
Hinweis: Das ist sicher kein klassischer familienrechtlicher Fall. Sie sehen aber, dass Sie aus der familiären Verbundenheit Ihre Position auch in anderen Rechtsbereichen stärken können. Wäre der Mann nicht mit der Frau verheiratet gewesen und hätten sie keine gemeinsamen Kinder, wäre die Nebenklage wahrscheinlich versagt worden.
Quelle: LG Ansbach, Beschl. v. 04.03.2025 – Ks 1060 Js 3390/23
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(aus: Ausgabe 06/2025)
Häusliche Gewalt ist nach wie vor ein großes gesellschaftliches Problem. Wenn sie zu folgenschweren Körperverletzungen während der Ehe führt, kann sogar der Versorgungsausgleich ausgeschlossen werden. Genau dies musste das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG) im Folgenden überprüfen, nachdem die Vorinstanz dem Gewalttäter einen solchen Ausgleich noch zugesprochen hatte.
Eine 2011 in der Türkei geschlossene Ehe wurde am 03.04.2024 rechtskräftig in Deutschland geschieden. Ein gemeinsamer Sohn war 2009 geboren worden. Der Ehemann hatte nie gearbeitet und während der Ehezeit illegale Drogen konsumiert. Am 21.02.2014 hatte der Mann die Ehefrau auf einer Busfahrt zu einer Drogenentzugsklinik an einer Haltestelle aus dem Bus gezerrt. Er schlug so massiv auf sie ein, dass sie bewusstlos wurde und auf dem rechten Auge erblindete. Der Sohn verblieb bei der Mutter, der Vater zahlte keinen Unterhalt und war mehrfach im Gefängnis. Er beantragte schließlich den Versorgungsausgleich. Das Amtsgericht führte diesen auch durch. Die Ehefrau erhob Beschwerde hiergegen.
Damit war sie auch erfolgreich. Denn die Durchführung des Versorgungsausgleichs zu ihren Lasten wäre in Augen des OLG grob unbillig (§ 27 Gesetz über den Versorgungsausgleich). Schließlich hat der Ehemann ein Verbrechen zu ihren Lasten begangen, unter dessen Folgen sie lebenslänglich leiden wird. Es wäre unerträglich, den Ehemann dann noch vom Versorgungsausgleich profitieren zu lassen. Auch hätte der Vater in den Phasen in Freiheit arbeiten können, um so zumindest den Kindesunterhalt zahlen zu können. Dies hatte er aber schuldhaft nicht getan, was ebenso für einen Ausschluss des Versorgungsausgleichs spricht.
Hinweis: Soll der Versorgungsausgleich ausgeschlossen werden, sind alle Gesamtumstände des Einzelfalls abzuwägen. Dabei kommt es auch darauf an, wie sich der Ex-Partner verhalten hat. Bei Gewalt in der Ehe, durch die dauerhafter Schaden entstanden ist, und durch die schuldhafte Vereitelung von Unterhalt kann der Versorgungsausgleich kippen. Wichtig ist, dass alle Punkte, die in die Gesamtabwägung einfließen sollen, ordentlich aufgelistet und eingebracht werden.
Quelle: OLG Stuttgart, Urt. v. 27.01.2025 – 11 UF 222/24
zum Thema: | Familienrecht |
(aus: Ausgabe 06/2025)