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Zum Thema Sonstiges
- Flugverspätung: Fluggesellschaft muss ausreichend Ersatzflüge anbieten, um Zahlungsansprüche auszuräumen
- Keine Pflichtwahl: Frage um Ausschussvorsitz von AfD-Nachrückern in Landschaftsversammlung Rheinland geklärt
- Schlägerei beim Sportverein: Konzertveranstalter haften nicht automatisch für Folgen durch hinzugezogene Sicherheitskräfte
- Unklarer “Kündigungsbutton”: Eine Kündigung zu beabsichtigen bedeutet nicht, auch wirklich zu kündigen
- Vertragliche Grundlage: Die Kündigung des Girokontos auch durch Genossenschaftsbanken jederzeit möglich
Hat ein Flug Verspätung, steht dem Fluggast häufig eine Entschädigungszahlung zu. Doch darf die Fluggesellschaft stattdessen auch eine Ersatzbeförderung anbieten? Und wenn ja, wie muss diese aussehen? Die Antworten kommen vom Bundesgerichtshof (BGH), der hierfür die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zurate zog.
Ein Fluggast verfügte über eine bestätigte Buchung für einen Flug, der planmäßig am 29.07.2019 um 18:55 Uhr (Ortszeit) in Berlin-Tegel starten und um 20:10 Uhr in Düsseldorf landen sollte. Die Fluggesellschaft annullierte sowohl diesen als auch den im Anschluss vorgesehenen und vom selben Flugzeug durchzuführenden (Rück-)Flug. Sie bot dem Fluggast über den Login-Bereich ihrer Homepage mehrere Flüge ihres Unternehmens als Ersatzbeförderung an, von denen einer noch am selben Tag und die übrigen an den Folgetagen vorgesehen waren. Der Fluggast entschied sich für jedoch für eine Fahrt mit der Bahn und verlangte eine Entschädigung nach der Fluggastrechteverordnung.
Der BGH gab dem Fluggast Recht. Nach der Rechtsprechung des EuGH müsse das Luftfahrtunternehmen alles ihm Mögliche und Zumutbare tun, um zu vermeiden, dass es durch außergewöhnliche Umstände genötigt ist, einen Flug zu annullieren. Gleiches gilt, wenn der Flug nur mit einer großen Verspätung durchgeführt werden kann, deren Folgen für den Fluggast einer Annullierung gleichkommen. Zu den demnach gebotenen Maßnahmen gehöre es, dem Fluggast eine mögliche anderweitige direkte oder indirekte Beförderung mit einem Flug anzubieten, den das betroffene oder ein anderes Luftfahrtunternehmen durchführt und der mit weniger Verspätung als der nächste Flug des betreffenden Luftfahrtunternehmens ankommt. Hier hatte die Fluggesellschaft aber nur eigene wenige Flüge angeboten. Ebendies reichte jedoch nicht aus, so dass der Fluggast eine Entschädigung erhielt.
Hinweis: Ob einem Fluggast eine Ausgleichszahlung für einen verspäteten Flug zusteht, kann ein Rechtsanwalt prüfen. Jeder Fall ist anders und jeder Fall bedarf einer besonderen Aufmerksamkeit.
Quelle: BGH, Urt. v. 24.09.2024 – X ZR 109/23
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(aus: Ausgabe 01/2025)
Wenn einer seinen Sitz aufgibt, dann rückt eben ein anderer nach. So in etwa stellte es sich die AfD-Fraktion in der Landschaftsversammlung Rheinland vor. Ob diese Landschaftsversammlung die Nachbesetzung freigewordener Ausschussvorsitze der AfD-Fraktion durch die zur Wahl gestellten Kandidaten habe ablehnen dürfen, musste das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen final entscheiden.
Nachdem einige Vertreter der AfD-Fraktion aus dem Landschaftsausschuss sowie aus verschiedenen Fachausschüssen der Landschaftsversammlung Rheinland ausgeschieden waren, beantragte die AfD-Fraktion in verschiedenen Sitzungen, Nachfolger für diese Sitze in den Ausschüssen zu wählen. Die Landschaftsversammlung lehnte eine Nachbesetzung mit den von der Fraktion vorgeschlagenen Kandidaten teilweise ab. Mit ihrer dagegen eingereichten Klage wollte die Fraktion hingegen festgestellt wissen, dass dies rechtswidrig war. Sie meinte, die Landschaftsversammlung sei verpflichtet gewesen, die vorgeschlagenen Kandidaten zu wählen.
Das sah das OVG jedoch anders. Die Landschaftsversammlung Rheinland durfte die Nachbesetzung freigewordener Ausschusssitze der Fraktion durchaus ablehnen. Das Recht der Fraktionen ist darauf beschränkt, dass sie Kandidaten für die Wahl vorschlagen können und dass die freie Wahl ordnungsgemäß – insbesondere frei von Rechtsmissbrauch – durchgeführt werde. Für ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen der Landschaftsversammlung bestünden hier keine Anhaltspunkte. Insbesondere habe sie gegenüber der AfD-Fraktion keine “Blockadehaltung” verfolgt: Schließlich waren bei den in einer Sitzung im März 2023 durchgeführten Einzelwahlen durch die Landschaftsversammlung elf der insgesamt 14 von der Fraktion vorgeschlagenen Personen gewählt worden.
Hinweis: Das OVG hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen kann Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht eingelegt werden.
Quelle: OVG Münster, Urt. v. 11.11.2024 – 15 A 1404/23
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(aus: Ausgabe 01/2025)
Selbst kleine körperliche Auseinandersetzungen können zu gravierenden Schädigungen führen. Das zieht dann meistens umfangreiche gerichtliche Verfahren nach sich. Wie mit einem solchen Verfahren mit Schadensersatzforderungen umzugehen ist, und ob der Veranstalter für durch ihn beauftragte Ordner haftet, musste das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) entscheiden.
Ein Sportverein veranstaltete jährlich am ersten Weihnachtstag in einem Gemeindezentrum ein “Weihnachtsrock”-Konzert und erhielt von der Gemeinde die Auflage, die dortige Sicherheit zu gewährleisten. Es wurde daher ein Ordner beauftragt, der wiederum zwei weitere Sicherheitskräfte rekrutierte. Diese erhielten statt einer Bezahlung Freigetränke und eine Einladung zu einem späteren Helferfest. Dann kam es zu einer tätlichen Auseinandersetzung, deren Einzelheiten im Wesentlichen streitig blieben. Jedenfalls erlitt ein Gast durch eine Schlägerei mit einem Mitglied des Sicherheitspersonals einen Schädelbasisbruch mit Schädelhirntrauma dritten Grades und Hirnblutungen. Die Sicherheitskraft wurde zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt. Der Täter sowie der Verein wurden sodann verklagt und als Gesamtschuldner zur Zahlung von 91.132 EUR sowie eines angemessenen Schmerzensgeldes verurteilt. Der Verein wehrte sich dagegen mit einer Berufung – und zwar erfolgreich.
Das OLG urteilte, dass der Gewaltexzess des Ordners nicht automatisch dem Konzertveranstalter zugerechnet werden kann. Die Begehung der vorsätzlichen Körperverletzung durch eine von einem örtlichen Verein für eine Konzertveranstaltung beauftragte Sicherheitskraft stand nicht mehr in einem inneren Zusammenhang mit der übertragenen Tätigkeit, weil diese ohne ersichtlichen Grund oder Provokation erfolgt sei und auch ein Außenstehender die Tätigkeit nicht als Teil der übertragenen Aufgabe aufgefasst hätte.
Hinweis: Ob und in welcher Höhe Ansprüche nach tätlichen Angriffen gegen den Schädiger bestehen, kann am besten der Rechtsanwalt des Vertrauens einschätzen.
Quelle: OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 16.10.2024 – 9 U 85/22
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(aus: Ausgabe 01/2025)
Verbraucher müssen eine Kündigung eines im Internet geschlossenen Vertrags abgeben können – und zwar stets auf einfache Art und Weise. Wie das genau auszusehen hat, hat das Oberlandesgericht Hamburg (OLG) im folgenden Fall geklärt.
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände beanstandete gerichtlich das Fehlen eines Kündigungsbuttons auf der Website eines Portals, das Verbrauchern den Abschluss von Strom- und Gasverträgen anbot. Ein solcher Button müsse auf der Bestätigungsseite zu finden sein, mit der der Verbraucher die Kündigungserklärung abgeben könne. Diese Bestätigungsschaltfläche müsse mit den Worten “jetzt kündigen” oder einer anderen entsprechend eindeutigen Formulierung beschriftet sein. Die verwendete Formulierung “Kündigungsabsicht abschicken” lasse die von § 312k Bürgerliches Gesetzbuch geforderte Deutlichkeit vermissen.
Das OLG hat der Klage stattgegeben. Eine Bestätigungsschaltfläche “Kündigungsabsicht abschicken” ist nicht ebenso eindeutig wie “jetzt kündigen”. Jedenfalls kann bei der Formulierung “Kündigungsabsicht abschicken” und dabei vor allem dem gewählten Wort “Kündigungsabsicht” der Eindruck entstehen, dass noch keine endgültige Kündigungserklärung damit verbunden ist. Damit genügte diese Formulierung nicht den gesetzlichen Anforderungen.
Hinweis: Es wird deutlich, dass die Gerichte den Gesetzestext auch eindeutig umgesetzt haben wollen. Denn andernfalls ist nicht sichergestellt, dass Verbraucher auch tatsächlich eine Kündigungserklärung abgeben können.
Quelle: OLG Hamburg, Urt. v. 26.09.2024 – 5 UKI 1/23
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(aus: Ausgabe 01/2025)
Genossenschaftsbanken wie beispielsweise die Volksbanken haben Mitglieder statt Kunden – und zwar ihre Genossen. Daher ist die Eröffnung eines Kontos ohne eine Mitgliedschaft auch nicht möglich. Ob eine solche Bank einem Genossen dessen Konto einfach kündigen darf, musste der Bundesgerichtshof (BGH) entscheiden.
Ein Mann hatte ein Girokonto, ein Kreditkartenkonto und ein Wertpapierdepot bei einer Genossenschaftsbank und war somit auch Mitglied bei dem Kreditinstitut. Nach Allgemeinen Geschäftsbedingungen war die Bank berechtigt, jederzeit unter Einhaltung einer angemessenen Kündigungsfrist die Konten zu kündigen. Genau das tat die Bank dann auch – zum Missfallen des Kunden. Dieser zog vor Gericht und beantragte, festzustellen, dass die Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien weiterhin fortbestehe. Er meinte, weil er Mitglied der Genossenschaft sei, wäre eine Kündigung nicht möglich.
Die Klage wurde vor dem BGH allerdings abgewiesen. Wenn der Geschäftsverkehr der Mitglieder mit ihrer Genossenschaft auf vertraglicher Grundlage beruhe, spiele er sich außerhalb des Mitgliedschaftsverhältnisses ab, so dass rein schuldrechtliche Beziehungen entstehen und das Mitglied der Genossenschaft insoweit wie ein außenstehender Dritter gegenübertritt. Deshalb konnte die Bank die Geschäftsbeziehung kündigen.
Hinweis: Es ist also für eine Genossenschaftsbank möglich, einen Girovertrag eines Mitglieds ohne Angabe von Gründen zu kündigen.
Quelle: BGH, Urt. v. 15.10.2024 – XI ZR 50/23
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(aus: Ausgabe 01/2025)