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Zum Thema Sonstiges
- Als Vertragsstrafe wertbar: Zahlungsbedingungen machen 20-%-Skontoklausel bei Einbauküchenkauf unzulässig
- Betreuungsvertrag im Seniorenheim: Erhöhung von Unterbringungs- und Verpflegungskosten ist zustimmungspflichtig
- Hundezuchtrecht vorbehalten? AGB-Klausel mit vertragsstrafenähnlichem Charakter ist unzulässig
- Kein Widerrufsrecht: Wer nach Beratung die Prozessvollmacht unterzeichnet, muss anwaltlichen Aufwand begleichen
- Neues zur PKH: Wer PKH für Landgerichtsprozesse beantragt, darf auch erst nach Bewilligung auf Anwaltssuche gehen
Wer bei einem mehr als 20%igen Skonto nicht zuschlägt und keine Küche kauft, ist selbst schuld! So in etwa darf man den Gedankengang eines Küchenstudios wohl nachzeichnen, wenn man sich diesen Fall ansieht, der vor dem Oberlandesgericht Zweibrücken (OLG) landete. Doch so großzügig das Angebot auf den ersten Blick auch erschien, auf den zweiten Blick erwies es sich als unzulässig.
Ein Ehepaar hatte sich im Küchenstudio eine Einbauküche nebst Elektrogeräten bestellt. In der Auftragsbestätigung hatte das Küchenstudio einen Gesamtpreis von 70.000 EUR sowie einen “Skontobetrag” von 15.000 EUR für den Fall der vollständigen Zahlung bis zum Tag der Lieferung und Rechnungsstellung ausgewiesen. Bei Lieferung und Montage der Küche erhielt das Ehepaar eine Rechnung, die auf seinen Hinweis unter anderem bei der Höhe der Mehrwertsteuer korrigiert wurde. Etwa eine Woche nach Erhalt der korrigierten Rechnung überwiesen die Eheleute den um den “Skontobetrag” reduzierten Betrag bis auf einen Restbetrag von knapp 3.000 EUR unter Verweis auf noch ausstehende Arbeiten. Wenige Tage später wiesen sie auch diesen Betrag an, nachdem das Küchenstudio ihnen mitgeteilt hatte, der Skontoabzug setze eine vollständige Zahlung voraus. Nach Mängelrügen und darauffolgenden Nachbesserungsarbeiten stellte das Studio den Eheleuten etwa drei Monate nach der ersten Rechnungslegung schließlich einen weiteren Betrag von etwa 1.000 EUR für Arbeiten, die bei Montage der Küche erledigt worden waren, in Rechnung. Nun aber war Schluss mit der Geduld des Ehepaars, so dass das Küchenstudio diesen Betrag sowie den von den Beklagten in Abzug gebrachten “Skontobetrag” einklagen musste – dies allerdings vergeblich.
Das OLG erklärte die Vertragsklausel für unwirksam. Denn eine derartige Klausel, nach der sich der Preis für die Lieferung und Montage einer Einbauküche nur dann um über 20 % reduziert, wenn der Kunde den reduzierten Küchengesamtpreis bis zum Tag der Lieferung und Rechnungsstellung zahlt, sei schlichtweg unzulässig. Der “Skontobetrag” kann in diesem Fall aufgrund seines Umfangs und im Verhältnis zum Gesamtküchenpreis nämlich als unzulässige Vertragsstrafe gewertet werden.
Hinweis: Die Klausel war also unwirksam, und deshalb schuldeten die Käufer lediglich den als “Sonderpreis” vereinbarten Betrag – also den Preis abzüglich des Skontobetrags. Nach einem entsprechenden Hinweisbeschluss des OLG nahm das Küchenstudio die Berufung zurück.
Quelle: OLG Zweibrücken, Urt. v. 26.06.2024 – 5 U 38/23
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(aus: Ausgabe 11/2024)
Die überall spürbaren Preissteigerungen machen natürlich auch vor Bewohnern von Seniorenheimen nicht Halt. Dass eine Erhöhung der dort anfallenden Unterbringungs- und Verpflegungskosten jedoch ebenso eine Zustimmung der Nutzer verlangt wie sonst auch im Mietrecht, bewies ein Verbraucherverein mit seiner erfolgreichen Klage vor dem Oberlandesgericht Zweibrücken (OLG).
Eine Seniorenresidenz hatte eine Entgelterhöhung angekündigt. Das Schreiben ging an alle Bewohner, Angehörige und Betreuer ihrer Einrichtung. Damit war ein Verbraucherverein jedoch nicht einverstanden, da er der Ansicht war, das Anschreiben unterscheide nicht hinlänglich zwischen Einzel- und Doppelzimmern und führe den Umlagemaßstab nicht an. Die Begründung für die einzelnen Kostensteigerungen sei daher nicht schlüssig nachzuvollziehen. Die Mieterhöhung und die Instandhaltungskostensteigerungen hätten konkret beziffert werden müssen. Ferner werde der Eindruck erweckt, dass die Erhöhung auch ohne Zustimmung der Bewohner wirksam werde. Stattdessen hätte eine von beiden Seiten zu unterzeichnende Nachtragsvereinbarung vorgesehen werden müssen.
Der entsprechenden Unterlassungsklage gab das OLG statt. Das Erhöhungsschreiben entsprach nicht den Anforderungen des § 9 Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz. Das Schreiben beinhaltete keinen klaren Umlagemaßstab. Insbesondere jedoch erweckte es zudem den Eindruck, dass die Erhöhung allein aufgrund des Schreibens und nach Ablauf der dort genannten Frist eintrete. Es schien damit vollendete Tatsachen zu schaffen – die Heimbewohner hätten jedoch ein Zustimmungsrecht gehabt.
Hinweis: Wer Mieten erhöht, muss sich exakt an die gesetzlichen Vorgaben halten. Das gilt sowohl für die Benutzungsentgelte im Seniorenheim als auch für die normalen Mietzahlungen auf dem freien Wohnungsmarkt.
Quelle: OLG Zweibrücken, Urt. v. 20.08.2024 – 8 U 62/23
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(aus: Ausgabe 11/2024)
Wer Verträge ohne rechtlichen Beistand oder Fachkenntnis erstellt, riskiert, dass sie sich lesen wie Wunschzettel und vor Gericht auch entsprechend behandelt werden. Im Fall vor dem Landgericht Köln (LG) führte eine Züchterin von Rassehunden eine Vertragsklausel in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) auf, wie mit den von ihr veräußerten Hunden weiterhin wunschgemäß zu verfahren sei – am geltenden Recht vorbei.
Die gewerbliche Hundezüchterin hatte einen Hund für 2.200 EUR verkauft. In den AGB des schriftlichen Kaufvertrags war unter anderem festgehalten, dass der Käufer den fünffachen Kaufpreis zahlen müsse – also 11.000 EUR -, wenn er nicht innerhalb des ersten Jahres nach Übergabe des Tiers schriftlich nachweist, dass dieses nicht zu einer Zucht oder Ähnlichem verwendet wird oder verwendet werden kann (beispielsweise wegen Kastration oder Sterilisation). Ebenso festgehalten war, dass die Käuferin den Hund – sollte sich dieser zur Zucht eignen – für die Zeit der Züchtung an die Verkäuferin aushändigen müsse, da das Zuchtrecht bei der Züchterin verbleibe. Sollte diese allerdings kein Interesse an einem Wurf haben, müsse der Hund unmittelbar kastriert werden. Die Züchterin forderte den Käufer daraufhin mehrfach auf, den Hund untersuchen und die Zuchttauglichkeit durch einen Tierarzt beurteilen zu lassen. Schließlich klagte sie den fünffachen Kaufpreis ein.
Die Klage wurde abgewiesen, denn die Richter des LG hielten die Klausel mit vertragsstrafenähnlichem Charakter für unwirksam. Zum einen seien Fälle denkbar, in denen der Nachweis, dass der Hund nicht zur Zucht geeignet sei, auch aus anderen Gründen nicht fristgerecht vorgelegt werden könne – hier fehlte insbesondere eine Einschränkung für den Fall, dass der Käufer das Fehlen eines Nachweises nicht zu vertreten habe. Zum anderen liege der Klausel zufolge bei bestehender Zuchtmöglichkeit die Wahl, den Hund zur Zucht aufzufordern oder den stark erhöhten Kaufpreis zu verlangen, allein bei der Verkäuferin. Dadurch jedoch werde in die berechtigten Interessen der Käuferin eingegriffen – ein Grund mehr, diese AGB für unwirksam zu erklären.
Hinweis: Wer rechtssichere Kaufverträge nutzen möchte, sollte sie von einem Rechtsanwalt erstellen lassen.
Quelle: LG Köln, Urt. v. 16.07.2024 – 30 O 533/23
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(aus: Ausgabe 11/2024)
Gerichtliche Streitigkeiten sind für die meisten Menschen belastend genug, da muss nicht noch Ärger mit dem eigenen Rechtsanwalt hinzukommen. Wenn man diesem aber nach einem Beratungsgespräch eine Prozessvollmacht unterschreibt, muss man damit rechnen, dass ein späterer Sinneswandel eine teure Angelegenheit werden kann – so geschehen im folgenden Fall des Amtsgerichts Brühl (AG).
Ein selbständiger Maler ging zu einem Rechtsanwalt, nachdem er ein Dreivierteljahr zuvor einen Unfall bei der Arbeit erlitten hatte, weil er von einer Leiter abgerutscht war. Von seiner Versicherung hatte er zwar bereits Zahlungen erhalten, dann zweifelte diese aber den Arbeitsunfall des Mannes an und lehnte weitere Leistungen ab. Die Versicherung stellte ihm stattdessen in Aussicht, auf eine Rückforderung des bereits gezahlten Betrags zu verzichten, wenn der Maler die Angelegenheit seinerseits abschließen würde. Im Anschluss an das Gespräch mit dem Rechtsanwalt unterzeichnete der Maler eine Vollmacht, woraufhin der Anwalt am nächsten Tag ein Schreiben an die Versicherung erstellte. Zwei Tage später teilte der Maler dem Anwalt dann jedoch mit, dass er nun doch von einer Beauftragung Abstand nehmen wolle. Die Akte wurde wunschgemäß geschlossen und der Anwalt übersandte dem Mann eine Rechnung von etwas über 3.000 EUR für seine geleistete Arbeit. Als diese Rechnung nicht bezahlt wurde, verklagte nun der Rechtsanwalt den Maler.
Das AG glaubte dem Anwalt, dass der Vertrag zustande gekommen war. Es würde schließlich keinen Sinn ergeben, zum Abschluss des Beratungsgesprächs eine umfassende Prozessvollmacht zu unterzeichnen, wenn der Mandant im unmittelbar vorausgehenden Gespräch keine nach außen gerichtete Tätigkeit des Rechtsanwalts verlangt hätte. Deshalb musste der Maler zahlen – wenngleich etwas weniger als ursprünglich eingeklagt.
Hinweis: Anwaltliche Gebührenrechnungen sind für Dritte nur schwer verständlich. Hier hilft es, miteinander zu sprechen und den Rechtsanwalt des Vertrauens zu fragen, wie genau sich die Gebühren zusammensetzen.
Quelle: AG Brühl, Urt. v. 12.07.2024 – 23 C 170/23
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(aus: Ausgabe 11/2024)
Wem finanzielle Mittel zur Durchführung von Gerichtsverfahren fehlen, der kann Prozesskostenhilfe (PKH; im Familienrecht und gewerblichen Rechtsschutz auch Verfahrenskostenhilfe, VKH) beantragen. Um diese bewilligt zu bekommen und Mutwilligkeit auszuschließen, ist eine hinreichende Aussicht auf Erfolg eine Grundvoraussetzung. Bei dieser Vorbewertung sollten Gerichte aber stets mit Augenmaß vorgehen, wie das folgende Urteil des Oberlandesgerichts Zweibrücken (OLG) beweist.
Wer mehr als 5.000 EUR einklagen möchte, kann das nur vor dem Landgericht. Dort herrscht allerdings Anwaltszwang, was naheliegend bedeutet, dass sich Kläger von einem Rechtsanwalt vertreten lassen müssen. Bei entsprechender Gewährung übernimmt der Staat die Prozesskosten, sofern eine Bedürftigkeit vorliegt und vor allem auch eine Aussicht auf Erfolg in der Sache selbst besteht. Nun hatte ein Mann ohne Rechtsanwalt zunächst PKH für ein Klageverfahren beantragt, mit dem er ein Schmerzensgeld von 25.000 EUR erstreiten wollte. Das erstinstanzliche Landgericht hatte den Antrag jedoch mit der Begründung zurückgewiesen, die beabsichtigte Rechtsverfolgung biete mangels anwaltlicher Vertretung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Dagegen legte der Mann sofortige Beschwerde ein.
Das OLG gab dem Mann recht. PKH kann in einem sogenannten Anwaltsprozess nicht einfach mit der Begründung zurückgewiesen werden, dass der Antragsteller einen zur Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht benannt und seine Bemühungen nicht ausreichend dargelegt habe, einen solchen zu finden. Vielmehr ist ein zweistufiges Verfahren geboten: Es ist dem Antragsteller nach (erstens) erfolgter Bewilligung die Gelegenheit zu geben, (zweitens) einen zur Vertretung bereiten Anwalt zu finden.
Hinweis: Im außergerichtlichen Bereich gibt es anstelle der PKH die Beratungshilfe. Eine entsprechende Beratungshilfeberechtigung können Bedürftige beim zuständigen Amtsgericht beantragen und sich dann von einem Rechtsanwalt beraten lassen.
Quelle: OLG Köln, Urt. v. 20.08.2024 – 5 W 44/24
zum Thema: | Sonstiges |
(aus: Ausgabe 11/2024)