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Zum Thema Arbeitsrecht
- Befriedung statt Bestrafung: Bereits der Verdacht der sexuellen Belästigung unter Kollegen berechtigt Arbeitgeber zur Versetzung
- Der kontrollierte Kontroletti: Fristlos Entlassener muss Kosten für Detektiv erstatten, der seinen Arbeitszeitbetrug nachwies
- Gegenbeweis blieb aus: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg wertet “Digital Native” als Altersdiskriminierung
- Keine Eilbedürftigkeit gegeben: Teilzeitantrag kann nicht während einer Brückenteilzeit gestellt werden
- Vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit? Sind angebrachte Zweifel nicht belegbar, hat ein ärztliches Attest hohen Beweiswert
Das Landesarbeitsgericht Köln (LAG) musste über die Versetzung eines Arbeitnehmers entscheiden, dem die sexuelle Belästigung einer Kollegin vorgeworfen wurde. Diese blieb zwar nach Recherchen des Arbeitgebers unbewiesen, so dass die diesbezügliche Abmahnung auch keinen Bestand hatte. Die Versetzung wollte der Arbeitnehmer jedoch auch nicht hinnehmen und empfand diese als unberechtigte Bestrafung. Zu Recht?
Nach einer Abteilungsversammlung behauptete eine Arbeitnehmerin, ein Kollege habe sie an der Schulter berührt und “Schätzchen” genannt. Im weiteren Tagesverlauf soll der Mitarbeiter ihr zudem im Vorbeigehen bewusst auf das Gesäß geschlagen haben. Der Arbeitgeber nahm die Ermittlungen auf und hörte unter anderem mehrere Zeugen der Abteilungsversammlung an. Schließlich sprach er eine Abmahnung aus und versetzte den Mitarbeiter an einen anderen Standort. Dagegen klagte der Arbeitnehmer. Er bestritt, die Kollegin sexuell belästigt zu haben. Insbesondere habe er sie nicht am Gesäß berührt.
Das LAG urteilte, dass die Abmahnung unwirksam gewesen sei und deshalb aus der Personalakte entfernt werden müsse. Schließlich konnte der Arbeitgeber die sexuelle Belästigung der Arbeitnehmerin nicht beweisen. Anders sah es das Gericht jedoch mit der Versetzung. Diese hatte der Arbeitgeber wirksam vorgenommen. Es ist nach Auffassung des Gerichts nämlich Sache des Arbeitgebers, zu entscheiden, wie er auf Konfliktlagen reagieren will. Er muss dabei nicht erst die Ursachen und Verantwortlichkeiten für die entstandenen Konflikte im Einzelnen aufklären. Sei eine Konfliktlage gegeben und könne der Arbeitgeber diese Konfliktsituation durch Ausübung seines Direktionsrechts beenden, kann er diese Maßnahme auch ergreifen. Die Trennung der betroffenen Arbeitnehmer war eine geeignete und sachgerechte Maßnahme zur Lösung des Konflikts. Der Arbeitgeber habe zuvor im Rahmen seiner Möglichkeiten sogar überobligatorisch gehandelt, um den Sachverhalt aufzuklären.
Hinweis: Dem Gericht war klar, dass der (unschuldige) Mitarbeiter die Umsetzung als Strafe empfinden wird. Hier diente sie jedoch der Befriedung des Konflikts und hatte deshalb keine bestrafende Intention.
Quelle: LAG Köln, Urt. v. 25.02.2025 – 7 SLa 456/24
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(aus: Ausgabe 06/2025)
Der Einsatz eines Detektivs gegen einen Mitarbeiter darf nur unter ganz engen Voraussetzungen geschehen. Wann das der Fall ist, musste das Landesarbeitsgericht Köln (LAG) entscheiden. Dabei ging es um den Nachweis des arbeitgeberseitigen Verdachts, dass ein Arbeitnehmer Arbeitszeitbetrug begehe.
Der Arbeitnehmer war seit April 2009 bei einem Verkehrsunternehmen im öffentlichen Nahverkehr als Fahrausweisprüfer angestellt. Er war in Vollzeit tätig, wobei die Zeiterfassung über eine mobile App erfolgte. Der Arbeitgeber stellte schließlich Unregelmäßigkeiten bei der Arbeitszeiterfassung des Arbeitnehmers fest und hegte den Verdacht, dass der Mitarbeiter trotz Arbeitszeiterfassung an verschiedenen Tagen etwa ein Fitnessstudio oder einen Friseur besucht habe. Der Arbeitgeber beauftragte daraufhin eine Detektei, den Mitarbeiter an mehreren Tagen zu observieren. Aus dem Abschlussbericht ergab sich, dass der Arbeitnehmer ohne Pauseneintrag mehrfach längere Pausen in Bäckereien und Cafes sowie bei seiner Freundin eingelegt hatte. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis fristlos. Obendrein forderte er auch die Erstattung der Detektivkosten von über 21.000 EUR. Dagegen erhob der Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage.
Doch das LAG gab dem Arbeitgeber Recht. Die außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund war wegen des nachgewiesenen Arbeitszeitbetrugs gerechtfertigt. Und der Arbeitnehmer musste auch die Detektivkosten erstatten, denn der Arbeitgeber durfte wegen des dringenden und konkreten Tatverdachts einen Detektiv zur weiteren Aufklärung beauftragen. Ein Verstoß gegen das Datenschutzrecht oder die Grundrechte lag nicht vor.
Hinweis: Solche Fallkonstellationen können also für Arbeitnehmer wirklich richtig teuer werden. Da hilft nur eins: das vertragsgerechte rechtmäßige Verhalten.
Quelle: LAG Köln, Urt. v. 11.02.2025 – 7 Sa 635/23
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(aus: Ausgabe 06/2025)
Mit “flotten” oder “freshen” Stellengesuchen – suchen Sie sich aus, was Sie anspricht – sollten Arbeitgeber künftig besser aufpassen. Denn die folgende Klage eines abgelehnten Bewerbers hatte vor dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (LAG) auch deshalb Erfolg, weil sich das Unternehmen dabei Begriffen bediente, die schon bei kurzem Nachschlagen zur Bedeutung alle Alarmglocken bei Personalverantwortlichen hätten erklingen lassen.
Ein Diplom-Wirtschaftsjurist hatte sich auf eine Stelle bei einem Sportartikelhändler beworben. In der Stellenausschreibung suchte dieser einen “Digital Native”, der sich in der “Social-Media-Welt zuhause fühlt”. Er suche außerdem einen “absoluten Teambuddy” und biete ein dynamisches “Team mit attraktiver Vergütung und Chancen zur beruflichen Entwicklung”. Der Diplom-Wirtschaftsjurist stellte sich dabei ein Gehalt von 90.000 EUR im Jahr vor. Der Arbeitgeber lehnte seine Bewerbung jedoch ab. Der Bewerber klagte, denn er vertrat die Ansicht, dass die Formulierung in der Stellenanzeige ein Indiz für eine unmittelbare Benachteiligung im Sinne des § 3 Abs. 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sei. Er ging von einer Altersdiskriminierung aus und klagte auf eine Entschädigung nach dem AGG in Höhe von 37.500 EUR.
Das LAG bestätigte das Urteil der ersten Instanz. Der diplomierte Wirtschaftsjurist erhielt 7.500 EUR, da er wegen seines Alters eine ungünstigere Behandlung erfahren hatte als der letztlich vom Arbeitgeber eingestellte Bewerber. Der Begriff “Digital Native” knüpft unmittelbar an das Lebensalter an. So definiert der Duden damit eine Person, die mit digitalen Technologien aufgewachsen und in ihrer Benutzung geübt ist, wobei Ersteres bestimmte noch berufstätige Jahrgänge naturgemäß ausschließt.
Hinweis: Das Gericht stellte klar, dass das AGG vermute, dass Bewerber in solchen Fällen zumindest auch aus Altersgründen abgelehnt worden seien. Deshalb wäre es in diesem Fall am Arbeitgeber gewesen, einen Gegenbeweis zu liefern. Das hatte der Arbeitgeber jedoch nicht getan.
Quelle: LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 07.11.2024 – 17 Sa 2/24
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(aus: Ausgabe 06/2025)
Die sogenannte Brückenteilzeit ist eine befristete Herabsetzung der Arbeitszeit. Ist diese Form der Teilzeit beendet, kehrt der Arbeitnehmer zu der davor festgelegten Arbeitszeit zurück. Das Hessische Landesarbeitsgericht (LAG) hatte in diesem Zusammenhang ein Urteil zur Frage gefällt, ob ein Antrag auf Teilzeit noch während einer bestehenden Brückenteilzeit möglich ist.
Die Arbeitnehmerin dieses Falls hatte sich mit ihrem Arbeitgeber auf eine Brückenteilzeit geeinigt und reduzierte für die Zeit vom 01.09.2022 bis zum 31.08.2024 ihre Arbeitszeit auf 30 Wochenstunden. Beide Seiten vereinbarten darüber hinaus, dass die Arbeitszeit auf vier Wochentage verteilt werden sollte. Noch während dieser vereinbarten Brückenteilzeit beantragte die Beschäftigte im März 2024 eine unbefristete Teilzeittätigkeit nach § 8 Teilzeit- und Befristungsgesetz mit 30 Wochenstunden. Diese solle nach Vorstellung der Arbeitnehmerin mit dem Ende der Brückenteilzeit beginnen. Als der Arbeitgeber das ablehnte, klagte die Arbeitnehmerin ihr vermeintliches Recht ein. Erfolg hatte sie damit allerdings nicht.
Das LAG entschied, dass Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt keinen Anspruch auf eine unbefristete Teilzeit haben. Das Gericht stellte in seiner Entscheidung klar, dass ein Antrag auf unbefristete Teilzeit während einer laufenden Brückenteilzeit unzulässig ist. Allein der Umstand, dass die Durchsetzung des möglichen Anspruchs im Hauptsacheverfahren mehrere Monate dauern kann, begründet eine solche Eilbedürftigkeit nämlich noch nicht.
Hinweis: Nun ist also klar, dass während einer bestehenden Brückenteilzeit kein Teilzeitantrag auf die Zeit danach gestellt werden kann. Für alle Beteiligten ist es ohnehin besser, wenn eine einvernehmliche Regelung für eine Teilzeitarbeit möglich ist.
Quelle: Hessisches LAG, Urt. v. 02.12.2024 – 16 GLa 821/24
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(aus: Ausgabe 06/2025)
Häufig sorgen angeblich falsche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für gerichtliche Ausienandersetzungen, die sich meist mit der Beweiskraft von ärztlichen Attesten befassen. Jeder einzelne Fall bringt aber Besonderheiten mit sich, die interessante Blickwinkel aufwerfen – so auch im Fall vor dem Landesarbeitsgericht Köln (LAG).
Ein Finanzdienstleister plante Restrukturierungsmaßnahmen und lud deshalb acht Arbeitnehmer zu einem Personalgespräch am 11.07.2022 ein. Für den betreffenden Tag meldeten sich dann jedoch gleich alle acht eingeladenen Mitarbeiter arbeitsunfähig krank. Der Arbeitgeber forderte daraufhin die Beschäftigten auf, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ab dem ersten Tag vorzulegen. Einer der Arbeitnehmer lieferte die geforderte Bescheinigung am 12.07.2022, mit der ihm eine Arbeitsunfähigkeit vom 11.07. bis einschließlich 15.07.2022 ärztlich bestätigt wurde. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis mit der Begründung, der Arbeitnehmer habe seine Arbeitsunfähigkeit lediglich vorgetäuscht. Dagegen klagte der Arbeitnehmer und erhob eine Kündigungsschutzklage.
Das LAG sah keinen Grund für eine verhaltensbedingte Kündigung. Ein ärztliches Attest habe einen hohen Beweiswert. Bezweifelt der Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit, muss er die Umstände, die gegen die Arbeitsunfähigkeit sprechen, darlegen und notfalls beweisen. Dass die Arbeitsunfähigkeit bei acht Mitarbeitern gleichzeitig in Zusammenhang mit einem schwierigen Personalgespräch auftrat, rechtfertigte auch in den Augen des Gerichts Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit. Allerdings bestätigte die Fachärztin, die die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt hatte, ihre Diagnose anhand ihrer Aufzeichnungen. Dem hatte der Arbeitgeber nichts entgegenzusetzen und somit keinen Grund für eine verhaltensbedingte Kündigung.
Hinweis: In dieser Sache wurde eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesarbeitsgericht eingelegt. Sofern es zu einer Revisionsverhandlung kommen wird, werden wir weiter berichten.
Quelle: LAG Köln, Urt. v. 12.12.2024 – 8 Sa 409/23
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(aus: Ausgabe 06/2025)
Zum Thema Familienrecht
- Bei hohem Betreuungsanteil: Mitbetreuung rechtfertigt Herabgruppierung des Kindesunterhalts
- Sohn oder Berufsbetreuer? Wie bei der Betreuerauswahl korrekt vorzugehen ist
- Teilungsversteigerung: Kindeswohl ist auch bei Zwangsvollstreckung zu beachten
- Verabredung zum Mord: Ehemann darf zum Nebenkläger gegen mordlüsterne Ehefrau werden
- Versorgungsausgleich: Kein Versorgungsausgleich bei folgenschwerer Körperverletzung
Beide Eltern sind den Kindern zu Unterhalt verpflichtet – durch Betreuung oder finanziell. Was passiert, wenn ein Elternteil an sich Barunterhalt schuldet, die Kinder aber de facto mitbetreut, war Dreh- und Angelpunkt im folgenden Fall des Oberlandesgerichts Braunschweig (OLG).
Nach der Trennung im Dezember 2019 blieben die drei Kinder im Haushalt der Kindesmutter. Der Vater zahlte für die Kinder Unterhalt in Höhe von 100 % des Mindestunterhalts abzüglich des hälftigen Kindergelds. Zudem betreute er sie in jeder ungeraden Kalenderwoche von Mittwoch nach Schulschluss bis Montagmorgen zum Schulbeginn, zusätzlich während der Hälfte der Schulferien. Als der Vater vom Amtsgericht verpflichtet wurde, rückwirkend Kindesunterhalt von 115 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe zu zahlen, legte er Beschwerde gegen die Festsetzung des Unterhalts ein, soweit dieser 100 % übersteigt.
Der Vater hatte damit vor dem OLG auch Erfolg: Er blieb der Zahlungspflicht von 100 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe der Kinder nach der Düsseldorfer Tabelle verpflichtet (abzüglich des hälftigen Kindergeldes). Dies ist wegen der beachtlichen Mitbetreuung der Kinder durch den Vater gerechtfertigt. Der Vater betreut die drei Kinder an fünf von 14 Tagen. Addiert man hierzu noch die Betreuung während der Hälfte der Schulferien, entspricht dies einem Betreuungsanteil von gut 35 % – also von mehr als einem Drittel. Ein deutlich erweiterter Umgang kann daher auch zu einer Herabgruppierung der Unterhaltspflicht führen. Dabei spielt es eine Rolle, inwieweit bei der Betreuungszeit über die Gewährung von Naturalunterhalt der Unterhaltsverpflichtung bereits entsprochen und der hauptbetreuende Elternteil entlastet wird.
Hinweis: Auch bei einer Trennung sollte sich jeder Elternteil seine Betreuungsanteile bewusst machen, zum Beispiel durch eine schriftliche Aufstellung. Vielleicht sind diese zu hoch, so dass der Barunterhalt reduziert werden kann.
Quelle: OLG Braunschweig, Beschl. v. 04.04.2025 – 1 UF 136/24
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(aus: Ausgabe 06/2025)
Die Feststellung, dass eine Person unter Betreuung gestellt werden muss, ist die eine Sache. Die andere ist es, einen geeigneten Betreuer zu finden. Besonders schwierig wird es, wenn Familienmitglieder gegen Berufsbetreuer konkurrieren. So hat hier erst der Bundesgerichtshof (BGH) entscheiden, wie für eine rechtsgültige Bewertung in solchen Fällen vorzugehen ist.
Eine im Jahr 1934 geborene Frau leidet an einer Aphasie sowie schweren psychischen Störungen und kann ihre Angelegenheiten rechtlich nicht mehr besorgen. Das Amtsgericht (AG) bestellte deswegen einen Berufsbetreuer sowie eine berufliche Verhinderungsbetreuerin. Dagegen wendete sich der einzige Sohn der Betreuten. Die Betreuung müsse ihm als dem einzigen Sohn übertragen werden. Das Gericht sah ihn aber als ungeeignet an. Er habe sich nachweislich unvernünftig und auch übergriffig der Mutter gegenüber verhalten. Der Sohn wiederum gab an, sich bessern zu wollen. Dem AG reichte das nicht, es hielt dieses Versprechen für eine bloße Absichtserklärung. Während die Beschwerde des Sohns beim Landgericht (LG) noch erfolglos blieb, konnte er vor dem BGH nun einen Etappensieg erringen.
Nach § 1816 Abs. 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch muss dem Wunsch des Betroffenen nach einem bestimmten Betreuer entsprochen werden, außer dieser ist ungeeignet. Schlägt der Betroffene niemanden vor, sind Familienangehörige und Berufsbetreuer gegeneinander abzuwägen. Will ein Familienangehöriger die Betreuung übernehmen und steht dem kein Wunsch des Betroffenen selbst entgegen, ist dem Familienangehörigen der Vorzug zu geben – außer, er ist für die Betreuung ungeeignet. Ob der Sohn ungeeignet ist, hatte das LG jedoch erst gar nicht ausermittelt. Genau aus diesem Grund wurde der Fall dorthin zurückverwiesen.
Hinweis: Achten Sie in einer ähnlichen Situation darauf, dass die Eignung des Betreuers aus dem Familienkreis umfassend beurteilt wird. Es muss eine Gesamtschau vorgenommen werden: War der Familienangehörige unvernünftig? Wenn ja, warum? Wie lange ist das her? Wie ist die Prognose? Nur, wenn die Gesamtschau negativ ist, kann ihm die Betreuung versagt werden.
Quelle: BGH, Beschl. v. 05.03.2025 – XII ZB 260/24
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(aus: Ausgabe 06/2025)
Die Teilungsversteigerung einer gemeinsamen Immobilie kann dem anderen Ehegatten gegenüber rücksichtslos sein, etwa wenn sein Vermögen nachhaltig geschädigt wird oder das Wohl der gemeinsamen Kinder auf dem Spiel steht. Doch wie so oft, steht auch in solchen Fällen die gerichtliche Abwägung vor einem Urteil – so auch im Fall vor dem Amtsgericht Frankenthal (AG).
Die Eheleute leben getrennt, sind aber noch nicht geschieden. Ein Wohnhaus, das im gemeinsamen Eigentum der Ehegatten stand, sollte nun auf Betreiben des Mannes zwangsversteigert werden. Es gehört zu 2/3 der Ehefrau, zu 1/3 dem Mann und wird von der Frau mit den beiden gemeinsamen Kindern bewohnt. Die Tochter ist in kinderpsychologischer Behandlung, die laut der Mutter wegen der Trennung erforderlich sei. Deswegen wollte sie die Teilungsversteigerung auch untersagen lassen.
Grundsätzlich sind das Verlangen und die Durchführung einer Teilungsversteigerung nachvollziehbar. Im Zuge der Scheidung soll auch eigentumsrechtlich Klarheit geschaffen werden. Im Einzelfall kann das Betreiben der Teilungsversteigerung gegenüber dem anderen Ehegatten rücksichtslos sein. Es müssen daher stets die beiderseitigen Interessen abgewogen werden. Auf Seiten des Mannes stehen vermögensrechtliche Interessen – auf Seiten der Frau stehen neben deren Vermögensinteressen aber auch psychologische Gründe. Sie lebt mit den gemeinsamen Kindern in dem Haus. Eine der Töchter hat wegen der Trennung psychologische Probleme, durch die Versteigerung könnten sich diese noch verstärken. Zudem gehören der Ehefrau 2/3 des Hauses. Die Interessen der Ehefrau sind laut AG demnach höher zu bewerten als die Interessen des Mannes. Sie konnte also mit den Kindern im Haus bleiben.
Hinweis: Ob einem Antrag auf Teilungsversteigerung stattgegeben wird oder nicht, richtet sich also immer nach den berechtigten Interessen. Zur Feststellung der berechtigten Interessen zählen Vermögensinteressen genauso, wie sonstige berechtigte Interessen. Hier können Sie so viel wie möglich in die Waagschale werfen: Eigentumsanteile, Kindeswohl und nicht zuletzt auch die eigene psychische Gesundheit.
Quelle: AG Frankenthal (Pfalz), Beschl. v. 24.03.2025 – 5 K 13/24
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(aus: Ausgabe 06/2025)
Viele heiraten – viele trennen sich. Zwar lassen Krimis anderes mutmaßen, doch in der Realität wollen wohl die wenigsten lieber über einen Auftragskiller statt über eine Scheidung Fakten schaffen lassen. Wenn man dennoch diesen illegalen Weg wählt und schließlich versagt – so wie im Fall vor dem Landgericht Ansbach (LG) -, darf in solchen Konstellationen das einst ins Visier geratene Opfer im Strafverfahren als Nebenkläger auftreten.
Der Ehemann war in Urlaub in Thailand. Seine Frau und deren Liebhaber wollten endlich freie Bahn haben und beschlossen, den Ehemann töten zu lassen. Dazu beauftragten sie einen Auftragskiller. Der Killer nahm zwar das Geld an, die Tötung wollte er dann doch nicht ausführen. Der Plan kam schließlich ans Licht. Ehefrau, Liebhaber und Killer wurden wegen Verabredung zum Mord angeklagt. Am Ende saßen alle drei wegen Verabredung zum Mord – der Killer zudem wegen Betrugs – auf der Anklagebank beim LG.
Nach der Untersuchungshaft nahm der Ehemann die Ehefrau zwar wieder in die eheliche Wohnung auf, beantragte aber die Zulassung als Nebenkläger im Strafverfahren. Dies wurde ihm vom LG schließlich auch erlaubt. Nach § 395 Abs. 3 Strafprozessordnung kann die Nebenklage zugelassen werden, wenn diese wegen der schweren Folgen der Tat zur Wahrnehmung der Interessen des Geschädigten geboten erscheint. Das war hier der Fall. Schließlich sollte dem Mann das Leben genommen werden. Zudem hat er mit der Ehefrau gemeinsames Vermögen und auch gemeinsame Kinder. Es besteht also ein Interesse am Ausgang des Verfahrens.
Hinweis: Das ist sicher kein klassischer familienrechtlicher Fall. Sie sehen aber, dass Sie aus der familiären Verbundenheit Ihre Position auch in anderen Rechtsbereichen stärken können. Wäre der Mann nicht mit der Frau verheiratet gewesen und hätten sie keine gemeinsamen Kinder, wäre die Nebenklage wahrscheinlich versagt worden.
Quelle: LG Ansbach, Beschl. v. 04.03.2025 – Ks 1060 Js 3390/23
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(aus: Ausgabe 06/2025)
Häusliche Gewalt ist nach wie vor ein großes gesellschaftliches Problem. Wenn sie zu folgenschweren Körperverletzungen während der Ehe führt, kann sogar der Versorgungsausgleich ausgeschlossen werden. Genau dies musste das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG) im Folgenden überprüfen, nachdem die Vorinstanz dem Gewalttäter einen solchen Ausgleich noch zugesprochen hatte.
Eine 2011 in der Türkei geschlossene Ehe wurde am 03.04.2024 rechtskräftig in Deutschland geschieden. Ein gemeinsamer Sohn war 2009 geboren worden. Der Ehemann hatte nie gearbeitet und während der Ehezeit illegale Drogen konsumiert. Am 21.02.2014 hatte der Mann die Ehefrau auf einer Busfahrt zu einer Drogenentzugsklinik an einer Haltestelle aus dem Bus gezerrt. Er schlug so massiv auf sie ein, dass sie bewusstlos wurde und auf dem rechten Auge erblindete. Der Sohn verblieb bei der Mutter, der Vater zahlte keinen Unterhalt und war mehrfach im Gefängnis. Er beantragte schließlich den Versorgungsausgleich. Das Amtsgericht führte diesen auch durch. Die Ehefrau erhob Beschwerde hiergegen.
Damit war sie auch erfolgreich. Denn die Durchführung des Versorgungsausgleichs zu ihren Lasten wäre in Augen des OLG grob unbillig (§ 27 Gesetz über den Versorgungsausgleich). Schließlich hat der Ehemann ein Verbrechen zu ihren Lasten begangen, unter dessen Folgen sie lebenslänglich leiden wird. Es wäre unerträglich, den Ehemann dann noch vom Versorgungsausgleich profitieren zu lassen. Auch hätte der Vater in den Phasen in Freiheit arbeiten können, um so zumindest den Kindesunterhalt zahlen zu können. Dies hatte er aber schuldhaft nicht getan, was ebenso für einen Ausschluss des Versorgungsausgleichs spricht.
Hinweis: Soll der Versorgungsausgleich ausgeschlossen werden, sind alle Gesamtumstände des Einzelfalls abzuwägen. Dabei kommt es auch darauf an, wie sich der Ex-Partner verhalten hat. Bei Gewalt in der Ehe, durch die dauerhafter Schaden entstanden ist, und durch die schuldhafte Vereitelung von Unterhalt kann der Versorgungsausgleich kippen. Wichtig ist, dass alle Punkte, die in die Gesamtabwägung einfließen sollen, ordentlich aufgelistet und eingebracht werden.
Quelle: OLG Stuttgart, Urt. v. 27.01.2025 – 11 UF 222/24
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(aus: Ausgabe 06/2025)
Zum Thema Sonstiges
- Augen auf im Supermarkt: Sturz über Preiseinschub nicht durch Verletzung von Verkehrssicherungspflichten verursacht
- Fisch gegen Amphibie: Forellenzüchter wehrt sich als Anlieger erfolgreich gegen Straßensperrung für Krötenwanderung
- Geplatzter Haustraum: Was eine Nichtabnahmeentschädigung ist und wann sie anfällt
- Minderjährige Sportler: EuGH bestätigt potentielle Missbräuchlichkeit von Vertragskonditionen bei Nachwuchsverpflichtungen
- Verweigerter Kreuzfahrtantritt: Positiver PCR-Test kann in Risikosphäre der reisenden Vertragspartei fallen
Mit der Verletzung der Verkehrssicherungspflichten ist es immer wieder so eine Sache – war das fahrlässig, und wenn ja, von welcher Seite überhaupt? Und da jeder Fall einzeln betrachtet werden muss, war das Landgericht München II (LG) gefragt, sich nach einem Sturz in einem Supermarkt auf Ursachenforschung zu begeben.
Die klagende Kundin eines Supermarkts hatte in selbigem einen Gang mit Aktionsartikeln beschritten, als sie mit ihrem Fuß an einen leicht hervorstehenden Einschub stieß, der zur Preiskennzeichnung an einer Europalette befestigt war. Dieser Preisschildeinschub löste sich, die Frau stürzte und erlitt dabei einen Bruch des Oberschenkelknochens. Schließlich klagte sie gegen den Supermarktbetreiber auf Schmerzensgeld und Schadensersatz. Denn für sie war die Sache klar: Der Betreiber hatte die ihm obliegenden Verkehrssicherungspflichten nicht beachtet.
Das LG war anderer Ansicht und wies die Klage ab, da es keine Verletzung der Verkehrssicherungspflichten feststellen konnte. Denn Kameraaufnahmen belegten, dass von der Europalette kein Risiko ausgegangen war. Dass das Preisschild nicht angeschraubt war, habe das Risiko nicht nennenswert erhöht. Im Gegensatz zur Behauptung der Kundin stand der Preiseinschub auch nicht ab, sondern lag bündig an der Palette an. Das LG wies zudem darauf hin, dass eine 100%ige Sicherheit in einem Supermarkt auch prinzipiell nicht erwartet werden könne.
Hinweis: Ob in einem Ladengeschäft die Verkehrssicherungspflichten beachtet werden oder nicht, lässt sich häufig erst im Nachhinein durch ein Gericht feststellen. Natürlich kann keine 100%ige Sicherheit in einem Supermarkt erwartet werden. Trotzdem lohnt es sich in solchen Fällen, den Rechtsanwalt des Vertrauens zu fragen, ob ein Rechtsstreit zur Erlangung eines Schmerzensgeldes und von Schadensersatz Aussicht auf Erfolg hat.
Quelle: LG München II, Urt. v. 25.02.2025 – 1 O 576/24
zum Thema: | Sonstiges |
(aus: Ausgabe 06/2025)
Selbst wenn die Überschrift in ihrer Kürze lustig anmuten mag, letztlich war die Maßnahme, die ein Landkreis hier erließ, für einen gewerblichen Straßenanlieger existenzgefährdend. Daher war im Folgenden auch das Verwaltungsgericht Osnabrück (VG) gefragt. Es musste sich mit einer behördlich angeordneten Straßensperrung zugunsten einer Krötenwanderung beschäftigen.
Der Landkreis Osnabrück hatte auf Antrag des NABU e.V. seine straßenverkehrsrechtliche Zustimmung zur teilweisen Sperrung der Bergstraße in Bad Iburg vom 01.02. bis zum 30.04.2025, jeweils von 18 Uhr bis 8 Uhr, erteilt. Die Maßnahme sei zum Schutz der Amphibien erforderlich und angemessen. Dagegen klagte ein Anlieger, der an der Straße eine Forellenzucht und den Handel einschließlich der Direktvermarktung betrieb. Er hielt das Ganze für alles andere als angemessen. Und da lag er nicht falsch.
Das VG war auf der Seite des Forellenzüchters und beschloss die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen die teilweise Sperrung der Bergstraße. Die Behörde wurde einstweilen verpflichtet, unverzüglich die Verkehrsschilder zu entfernen und die Schranken zu öffnen. Die Sperrung war schlichtweg unverhältnismäßig und außerdem zu unbestimmt. Insbesondere hätten die wirtschaftlichen und persönlichen Interessen des Antragstellers stärker berücksichtigt werden müssen.
Hinweis: Das Vorgehen gegen behördliche Anordnungen ist in der Regel erfolgversprechender, wenn ein Rechtsanwalt das Verfahren begleitet.
Quelle: VG Osnabrück, Beschl. v. 29.03.2025 – 1 B 10/25
zum Thema: | Sonstiges |
(aus: Ausgabe 06/2025)
Wenn ein Hauskauf wider Erwarten doch nicht zustande kommt, das Darlehen jedoch bereits vereinbart wurde, verlangt die Bank häufig eine sogenannte Nichtabnahmeentschädigung. Wer im Ernstfall dafür haften muss – etwa, wenn der Verkäufer wie hier kurz vor Abschluss abspringt -, hat der Bundesgerichtshof (BGH) kürzlich entschieden.
Ein Ehepaar beabsichtigte, ein Einfamilienhaus zu kaufen. Als die angefragte Bank die Finanzierung über 450.000 EUR ablehnte, kontaktierte das Paar einen Darlehensvermittler. Daraufhin unterzeichneten sie einen Darlehensvertrag über 350.000 EUR und ein Beratungsprotokoll. Darin war folgender Hinweis enthalten: “Wichtig! Unterzeichnen Sie Bau‑, Kauf- und Finanzierungsverträge erst, wenn alle wichtigen Faktoren Ihres Bau- oder Kaufvorhabens geklärt und schriftlich festgehalten wurden. Ansonsten drohen bei einer Rückabwicklung hohe Kosten, wie Vertragsstrafen und Nichtabnahmeentschädigungen.”
Vier Wochen später unterzeichnete das Paar dann noch ein KfW-Darlehen über 100.000 EUR. Schließlich teilten sie dem Verkäufer mit, dass nun ein Notartermin möglich wäre. Der Verkäufer informierte sie jedoch darüber, dass er das Haus aus persönlichen Gründen doch nicht verkaufen wolle. Die Bank trat daraufhin vom Darlehensvertrag zurück und verlangte von den potentiellen Käufern eine Nichtabnahmeentschädigung von 35.862,29 EUR, die das Paar vollständig bezahlte. Den Betrag forderten sie von dem Darlehensvermittler als Schadensersatz zurück und klagten. Das Landgericht hat den Darlehensvermittler zur Zahlung der Hälfte verurteilt, das Oberlandesgericht (OLG) daraufhin die Klage insgesamt abgewiesen.
Der BGH hob als letzte Instanz das OLG-Urteil nun auf und wies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an den dortigen Senat zurück. Denn ein nicht gebundener Vermittler von Immobiliarverbraucherdarlehensverträgen schuldet seinen Kunden eine umfassende und richtige Aufklärung über die in Betracht kommenden Finanzierungsmöglichkeiten. Im Rahmen der geschuldeten Aufklärung darf ein reales Risiko (hier: Nichtzustandekommen des Grundstückskaufvertrags nach bereits geschlossenem und nicht mehr widerruflichem Darlehensvertrag) nicht derart verharmlost werden, dass der Eindruck entsteht, es sei nur theoretischer Natur. Zu einer umfassenden Aufklärung gehört in einem solchen Fall ein Hinweis auf die Möglichkeit einer zeitlichen Staffelung: Es wäre in Betracht gekommen, dass die Käufer ihre auf den Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen später abgeben oder den Notartermin vorziehen.
Hinweis: Nun wird also die Vorinstanz die Angelegenheit nochmals prüfen und entscheiden müssen. Alles spricht dafür, dass der Makler des Darlehensvertrags wegen Nichterfüllung der Aufklärungspflichten zu zahlen hat.
Quelle: BGH, Urt. v. 20.02.2025 – I ZR 122/23
zum Thema: | Sonstiges |
(aus: Ausgabe 06/2025)
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat kürzlich den lettischen Fall eines jungen Sportlers bewertet. Und man ahnt es: Wenn der EuGH von einem Unionsmitglied angefragt wird, entfaltet das Urteil auch in der übrigen Union seine Wirkung. Da sich der Fall um den Sportnachwuchs und seine Vertragskonditionen dreht, ist er für das sportverrückte Deutschland sicherlich nicht uninteressant.
Im Jahr 2009 schloss ein minderjähriger Sportler einen Vertrag mit einem lettischen Unternehmen ab. Dabei wurde er durch seine Eltern vertreten. Dem Jungen sollte dabei eine erfolgreiche Karriere als Berufssportler im Basketball ermöglicht werden. Der Vertrag war für die Dauer von 15 Jahren abgeschlossen und sah eine Reihe von Dienstleistungen vor – unter anderem Training, sportmedizinische Leistungen, psychologische Begleitung sowie Unterstützung im Bereich Marketing, Rechtsberatung und Buchhaltung. Dafür sollte der Junge bei erfolgreicher Profikarriere 10 % sämtlicher während der Laufzeit des Vertrags erzielten Nettoeinnahmen aus Sportveranstaltungen, Werbung, Marketing und Medienauftritten im Zusammenhang mit dem betreffenden Sport zahlen, sofern seine Einnahmen mindestens 1.500 EUR pro Monat betrugen. Der Junge wurde zwischenzeitlich ein erfolgreicher Profibasketballspieler und musste an das Unternehmen mehr als 1,6 Millionen EUR zahlen. Dieses Geld verlangt er nun zurück. Die lettischen Gerichte hielten die Vertragsklausel durchaus für missbräuchlich, setzten jedoch das Verfahren aus und legten dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor.
Der EuGH hielt die Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen für anwendbar. Eine Vertragsklausel, die einen jungen Sportler verpflichtet, einen Teil seiner Einnahmen zu zahlen, falls er Berufssportler werde, könne durchaus missbräuchlich sein. Das nationale Gericht muss nun die Missbräuchlichkeit einer solchen Klausel prüfen – unter Berücksichtigung insbesondere ihrer Klarheit und Verständlichkeit in Bezug auf die wirtschaftlichen Folgen dieser Verpflichtung. Dabei kann der Umstand, dass der Sportler zum Zeitpunkt des Abschlusses minderjährig gewesen war und dieser Vertrag von seinen Eltern in seinem Namen geschlossen wurde, für die Beurteilung der Missbräuchlichkeit relevant sein.
Hinweis: Immer wieder werden Vertragsklauseln in Verträgen von Sportlern von den Gerichten für unwirksam erklärt. Im Zweifel kann dies ein Rechtsanwalt genau beurteilen.
Quelle: EuGH, Urt. v. 20.03.2025 – C‑365/23
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(aus: Ausgabe 06/2025)
Der Bundesgerichtshof (BGH) musste sich erneut mit der Corona-Pandemie beschäftigen – und das sicherlich nicht zum letzten Mal. Wer meint, es müsse doch mal gut sein, dem sei gesagt, dass die meisten der diesbezüglichen Urteile auch für andere ansteckende Krankheiten interessant sein werden. Die Frage hier war, ob ein positiver PCR-Test eines Reisenden im Ausland Rückzahlungsansprüche bedingt.
Ein Mann hatte für sich, seine Ehefrau und den damals zweijährigen gemeinsamen Sohn eine Kreuzfahrt, beginnend auf Mallorca, gebucht. Den Reisepreis in Höhe von 1.400 EUR hatte er vollständig bezahlt. Der PCR-Test, dem sich der Sohn des Mannes bei der Einschiffung am Morgen laut Anordnung des spanischen Gesundheitsministeriums unterziehen musste, ergab ein positives Ergebnis. Der Familie des Klägers wurde daraufhin die Teilnahme an der Reise verweigert. Nach zwei Tagen in einem Quarantänehotel auf Mallorca flog die Familie schließlich wieder nach Hause. Nun wollte der Mann die Rückzahlung des Reisepreises erhalten und eine Entschädigung in gleicher Höhe wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit. Weiterhin ging es ihm um Ersatz von Kosten für den Flug, die Unterbringungsbeförderung und Ähnliches. Das Geld erhielt er allerdings bislang nicht.
Der BGH sagte dazu, dass Umstände, die in die Risikosphäre einer Vertragspartei fallen, grundsätzlich keine unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstände sind. Deshalb habe der Reiseveranstalter seinen Anspruch auf den Reisepreis nicht verloren. Unter diesen Prämissen geht der Fall somit zurück an die Vorinstanz.
Hinweis: Der Kläger wird mit großer Wahrscheinlichkeit seine Klage verlieren.
Quelle: BGH, Urt. v. 18.02.2025 – X ZR 68/24
zum Thema: | Sonstiges |
(aus: Ausgabe 06/2025)