Diebstahl durch Mitarbeiter – was ist zu tun?
Untreue • Unterschlagung • Inventurdifferenzen
Das Kölner EHI Retail Institute® hat in ihrer neuesten Studie, an der sich über 100 Firmen mit ca. 21.000 Filialen beteiligt hatten, ermittelt, dass Kunden, Lieferanten und eigene Mitarbeiter Waren im Wert von 4 Milliarden Euro mitgehen lassen. Der Diebstahl durch Mitarbeiter wird hierbei häufig unterschätzt.
Hochgerechnet zeigen sich die Fachleute überzeugt, dass ca. 26 Millionen (26.000.000) Fälle jährlich unentdeckt bleiben. Dem Handel entsteht in Deutschland täglich ein Schaden im Wert von rund 10,9 Millionen Euro.
Während der durchschnittliche Ladendiebstahl bei ca. 86 Euro liegt produzieren organisierten Diebesbanden Schäden von 1.000 – 2.000 Euro pro Einzelfall. Ca. 55% der Schadenssummen (2,24 Mrd. Euro) werden dem Kundenbereich zugerechnet, der mit 15.000 Kaufhausdetektiven bekämpft wird. Den eigenen Mitarbeitern werden knapp 810 Millionen angelastet und Lieferanten sowie Servicekräften werden etwas mehr als 340 Millionen Euro an Warenverlusten im Jahr zugerechnet. Die restlichen 640 Mio. Euro entfallen auf organisatorische Mängel (Quelle: Pressemitteilung EHI vom 21.06.2015)
Untreue Mitarbeiter genauso kriminell wie organisierte Diebesbanden
In Jahr 2016 beschäftigte der Handel insgesamt 3.039.620 Mitarbeiter. Damit errechnet sich eine durchschnittliche Schadenssumme von 266 Euro pro Mitarbeiter. Setzt man jedoch die Anzahl aller Arbeitnehmer in Deutschland (44,28 Mio.) in Verhältnis zu den festgestellten Diebstahlsdelikten (2,37 Mio.), dann folgt daraus eine Quote von ca. 18,7%. Diese Annahme unterstellt und auf die Beschäftigten des Handels bezogen ergibt das 567.005 diebische Mitarbeiter mit einem durchschnittlichen Schaden von 1.428 Euro. Damit weisen untreue Mitarbeiter genau soviel kriminelle Energie auf wie organisierte Diebesbanden.
Unehrliche Mitarbeiter erkennen
Leider oder Gott sei dank, gibt es keine 100-%igen Merkmale, woran sie untreue Mitarbeiter erkennen können. Aber fragen Sie sich doch einmal selbst, wen Sie aus einem möglichen Täterkreis ausschließen würden?
Da fallen den Führungskräften gleich dutzende Mitarbeiter ein, die ihnen unverdächtig erscheinen, wie z.B. den freundlichen Familienvater, die immer korrekte Kassiererin oder die peinlich genaue Buchhalterin. Es sind stereotype auf die wir Menschen reagieren. Wir wollen einfach nicht wahr haben, dass Charaktereingenschaften wie Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft, Charme oder der Witz bei einem Mitarbeiter überhaupt nichts darüber aussagen, ob er oder sie ein ehrlicher Mensch ist.
Im Laufe unserer jahrzehntelangen Arbeit stellten wir immer wieder fest, dass gerade die Mitarbeiter_innen, die gerne in der “Wohlfühlzone” der Führungskräfte gesehen und geschätzt werden, aus den vielfältigsten Gründen kriminell werden können. Dem einen wachsen die Schulden über den Kopf, die Unterhaltsverpflichtungen können nicht mehr erfüllt werden oder man will seine neue Liebe mit teuren Geschenken beeindrucken oder einfach gegenüber den Nachbarn mehr darstellen, als man wirklich ist.
Bewerbercheck: Jeder Bewerber sollte überprüft werden
Sicher ist jedoch, dass Mitarbeiter_innen die unpünktlich sind oder sich nicht mit dem Unternehmen identifizieren oder durch wiederholte fadenscheinige Krankschreibungen auffallen ein hohes Risiko bergen, dolose Handlungen zu begehen. Leider verzichten auch heute noch viel zu viele Personalchefs auf die Vorlage eines Führungszeugnisses oder eine Schufa-Selbstauskunft. Auch ein Foto des Mitarbeiters in der Personalakte sollte obligatorisch sein.
Inventurdifferenzen häufig unterschätzt
Jeder Betrieb der ein Warenwirtschaftssystem benutzt ist gesetzlich verpflichtet, turnusmäßig Inventuren durchzuführen. Wer hier nachlässig arbeitet läuft Gefahr, große Minus- oder Plus-Warendifferenzen über Jahre falsch fortzuschreiben. Wenn jetzt die festgestellten Inventurdifferenzen einfach aus dem Warenwirtschaftssystem ausbucht, verfälscht die Warenbestände und entzieht somit die Basis der wirklich entstandenen Inventurdifferenzen.
Wertverluste entstehen z.B. bei einer händisch an der Kasse verbuchten EAN-Handels- oder Artikelnummer, falsch angebrachte Ersatzetiketten oder bei Warenverschiebungen zwischen einzelnen Filialbetrieben. Aber auch fehlerhaft übertragene Warenmengen vom Lieferanten verfälschen das Warenwirtschaftssystem.
Wer die Kette des Warenwirtschaftssystems genau kennt, kann hier problemlos manipulieren. Da werden Artikel falsch bonniert, anstelle von 82,50 Euro werden 8,25 Euro eingetippt. Das fällt – je nach Anzahl der Artikel – in der Hektik wenig auf. Und schon entsteht ein Kassenüberschuss, den der oder die Kassierer_in am Abend sich in die Tasche steckt.
Zwei Beispiele aus unserem Berufsalltag
Drogen und Medikamente
Schwarzmarktwert 1 Million Euro
Warendifferenzen von 100.000 Euro – Schwarzmarktwert über eine Millionen!
Vor einigen Jahren wurde das Team der DD-Detektei Dudzus von einem mittelständischen Pharmahändler gebeten, Inventurdifferenzen im Warenlager aufzuklären. Es handelte sich dabei um einen extra gesicherten Bereich, indem Amphetaminpräparate gelagert wurden und zu dem nur wenige Mitarbeiter Zugang hatten.
Die Geschäftsleitung äußerte keinen konkreten Verdacht sondern übergab uns in Abstimmung mit dem Betriebsrat über 200 Personalakten mit dem Auftrag, alle Lebensverhältnisse zu überprüfen und ersteinmal einen Täterkreis einzugrenzen. Erst dann wollten Sie uns mitteilen, ob unsere Ermittlungsergebnisse mit den bestehenden Verdachtsmomenten übereinstimmen.
Verifizierung des Lebensstils
Um den Täterkreis weiter einzugrenzen sortierten wir die die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen den einzelnen Abteilungen zu, überlegten, in welchen Abteilungen und mit welchen Artikeln ein so hoher Schaden verursacht werden konnten.
Anschließend überprüften wir die Eintragungen im Schuldnerverzeichnis, kontrollierten, ob es im persönlichen Lebensumfeld gravierende Veränderungen gegeben hat, wie z.B. Trennung vom Ehepartner oder Unterhaltsverpflichtungen und ob offen gelegte Gehaltsabtretungen vorlagen. In einem weiteren Schritt überprüften wir, ob der Lebensstandard wie teure Hobbies, Autos und Reisen mit dem Einkommen in Einklang zu bringen war. Heute dürfte das anhand der sozialen Netzwerke wie Facebook, Instagram etc. deutlich leichter fallen als noch vor etlichen Jahren. Damals mussten legendiert Nachbarn befragt und Informanten in die Recherchen einbezogen werden.
Unsere Erkenntnisse glichen wir mit den Zugangsberechtigungen der Mitarbeiter ab, die Zugang zu dem sensiblen Teil des Warenlagers hatten. Hierbei fiel ein Anfangsverdacht auf drei Mitarbeiterinnen und einen Abteilungsleiter.
Nachdem wir die Geschäftsleitung über unsere Erkenntnissen informiert hatten, bestätigte diese, dass diese vier zu dem Kreis von Verdächtigten gehörten, die sie auch selbst ausgemacht hatten. Allerdings hatte die Geschäftsleitung insgesamt 10 Mitarbeiter_innen in Verdacht.
Nun wurde es richtig schwierig für das Team der DD-Detektei Dudzus. Unsere vier Verdächtigen mussten observiert werden. Wir sollten für unsere Auftraggeber so knallharte Beweise liefern, dass die betrügerischen Mitarbeiter fristlos entlassen werden konnten und eine arbeitsrechtliche oder gar strafrechtliche Auseinandersetzung vermieden werden konnte.
So suchten wir Ansatzpunkte, wie wir uns in das Umfeld der Verdächtigen “einschleichen” und das Vertrauen gewinnen konnten. Hierzu mussten wir detailliert alles in Erfahrung bringen, was uns hilft mit den Verdächtigen legendiert in Kontakt zu treten und eine Vertrauensbasis zu finden.. Es dauerte weitere vier Wochen bis wir eine Stadium erreicht hatten, um “Agent Provocateur” Maßnahmen einzuleiten.
Legendierte Testkäufe
Wir wollten die Verdächtigen zum Drogenhandel verführen, indem unsere Mitarbeiter eine Spurenlage schufen, die Vorgab, dass sie selbst drogensüchtig seien. Auf diese Weise konnten zwei Verdächtige zum Verkauf von Amphetaminen verleitet werden. Sämtliche sensiblen Präparate waren selbstverständlich zwischenzeitlich unsichtbar markiert worden, so dass ein direkten Nachweis der Herkunft der Ware gelang.
Bei den anderen Verdächtigen konnten die Verdachtsmomente widerlegt werden.
Es muss aber ganz klar gesagt werden, dass die Aufklärung durch “Agent Provocateur” Maßnahmen sehr sehr enge Grenzen gesetzt sind. Ein Detektiv darf dabei, wie in diesem Fall geschehen, lediglich den Drogenkonsumenten vorspielen, aber keineswegs den oder die Verdächtigen zu Tathandlungen verleiten, die diese nicht auch ohne unser Zutun begehen würden.
75.000 Euro unterschlagen
Betrügerische Kassiererin
im Tabak-Laden
75.0000 Euro Schaden im Tabak- und Lottoladen
Das Beispiel eines kleines Tabakwarengeschäft mit Lottoannahme und BVG-Fahrscheinverkauf mitten in Berlin. Die Betriebsinhaber – ein älteres Ehepaar – führen den Laden seit 25 Jahren mit zwei Angestellten. Sie vertrauen ihren Mitarbeitern voll und ganz – bis der Sohn, der im Geschäft gelegentlich aushilft, sich die Gewinn- und Verlustrechnung einmal genauer anschaut.
Eine erste Oberfläche Überprüfung ergab eine Inventurdifferenz von ca. 20.000 Euro. Daraufhin wendet sich der aufmerksame Sohn an den Steuerberater. Gemeinsam prüfen Sie die Unterlagen der letzten zwei Jahre und das laufende Geschäftsjahr. Die dabei festgestellte Schadenssummen betrugen für das erste Prüfungsjahr knapp über 10.000 Euro, im zweiten Jahr knapp 25.000 Euro und im laufenden Geschäftsjahr – nach nur acht Monaten – bereits über 40.000 Euro. Insgesamt konnte ein Gesamtschaden von über 75.000 Euro ermittelt werden. Doch wer war der Täter?
Die installierte Videoüberwachung war zwar echt, aber schon seit Jahren außer Betrieb. Sie diente nur der Abschreckung für Ladendiebe. Da unser Kunde seinerzeit aus einer Konkursmasse dutzende solcher Videokameras erworben hatte, wurde drei Geräte umgebaut, d.h. es wurde neuste Technologie in die alten Gehäuse eingebaut. So konnte das Personal überwacht werden, ohne Verdacht zu schöpfen.
Bei der Auswertung der Videoaufnahmen stellte sich heraus, dass die Verkäuferin Edith K. fast täglich entweder Geld oder Zigaretten zum Feierabend einsteckte. Parallele überprüften wird die Lebensverhältnisse und konnten feststellen, dass die Ausgaben größer als die Einnahmen waren. Nach einer Woche wurde die Verkäuferin nach Feierabend gestellt. Sie wurde mit dem Sachverhalt konfrontiert. Unser Kunde machte deutlich, dass er auf eine Strafverfolgung keinen Wert legte, jedoch erwartete er die Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages sowie ein schriftliches Schuldanerkenntnis seiner Ex-Mitarbeiterin. Ferner willigte die kriminelle Verkäuferin ein, ihr Fahrzeug einschließlich aller Fahrzeugpapiere an unseren Kunden zur Begleichung einer Teilschuld zu übereignen.