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Zum Thema Familienrecht
- Eheschließungserklärung: Onlineform der Eheschließung in Deutschland nicht wirksam
- Orientierung am Kindeswohl: Familiengericht muss ermitteln, bis es fundiert entscheiden kann
- Richteramt missbraucht: BGH bestätigt Urteil gegen Thüringer Familienrichter wegen Rechtsbeugung
- Verfahrensbeistand: Mehr als die Fallpauschale gibt es in Sachen Verfahrenskosten nicht
- Zur Wahrheitsfindung: Ergänzungspflegschaft ist auch bei möglicher Interessenkollision geboten
Eheschließungserklärungen sind auch in Deutschland möglich. Sie müssen aber von den Eheschließenden vor dem Standesbeamten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit abgegeben werden. Eine von Deutschland aus per Videotelefonie vor einem Standesbeamten in den USA geschlossene Ehe ist in Deutschland hingegen unwirksam, wie diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) zeigt.
Zwei nigerianische Staatsangehörige mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland schlossen im Mai 2021 per Videotelefonie die Ehe vor einer US-amerikanischen Behörde im Bundesstaat Utah. Die Eheleute befanden sich während der Eheschließung in Deutschland. Ihre Erklärungen gaben sie über eine zeitgleiche Übertragung in Bild und Ton gegenüber der Behörde in Utah ab und erhielten anschließend eine amerikanische Eheurkunde mit Apostille (eine Beglaubigungsform im internationalen Urkundenverkehr). Als die beiden nun auch in Deutschland heiraten wollten, wurde die amerikanische Eheschließung durch das Amtsgericht als unwirksam bezeichnet. Dagegen legten die Männer Beschwerde ein.
Sie unterlagen vor dem BGH, denn Art. 13 Abs. 4 Satz 1 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch besagt, dass eine Ehe im Inland nur in der hier vorgeschriebenen Form geschlossen werden könne. Demnach müssen die Erklärungen der Eheschließenden vor dem Standesbeamten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit abgegeben werden. Bei einer Eheschließung im Ausland könne auch das gegebenenfalls weniger strenge Recht des Eheschließungsorts angewendet werden. Da im vorliegenden Fall die Eheschließungserklärungen jedoch in Deutschland abgegeben wurden, kann nur deutsches Recht zur Anwendung kommen und damit auch die in Deutschland vorgeschriebene Form. Da sich die Eheleute nicht daran gehalten hatten, ist die Ehe nun unwirksam.
Hinweis: Will man heiraten oder andere Rechtsgeschäfte tätigen, sollte man sich immer nach den Formvorschriften des Orts des gewöhnlichen Aufenthalts richten. So geht man bei der Anerkennung des Rechtsgeschäfts auf Nummer sicher!
Quelle: BGH, Beschl. v. 25.09.2024 – XII ZB 244/22
zum Thema: | Familienrecht |
(aus: Ausgabe 01/2025)
Für ein Familiengericht muss das Kindeswohl an oberster Stelle stehen. Unterlässt es ein Gericht, Ergebnisse aus seiner Amtsermittlungspflicht heraus als Basis für eine fundierte Entscheidung vorzulegen, muss es nochmals ran – so wie das Landgericht (LG) nach einer entsprechenden Entscheidung des nachfolgenden Oberlandesgerichts Karlsruhe (OLG).
Eine Serbin und ein Deutscher haben drei gemeinsame Kinder. Als die Eltern sich trennten, blieben die Kinder zunächst beim Vater. Dann wollte die Mutter die Kinder wieder bei sich haben und klagte dies auch ein. Sie beschuldigte den Vater der generellen Gewalttätigkeit, des Drogenkonsums sowie der Vergewaltigung. Er habe bereits 1.000 EUR Strafen zahlen müssen und auch seinen Führerschein verloren. Der Vater wiederum beschuldigte die Mutter, dass diese keinen Tagesablauf regeln könne, toxisch sei und sie die Kinder nicht in den Kindergarten bringe. Das Ganze mündete in einer Scheidung und einem streitigen Verfahren um das Sorge- und Umgangsrecht.
Hier wurden die Kinder zunächst der Mutter zugesprochen, doch der Vater wollte das nicht auf sich sitzen lassen, so dass der Fall schließlich beim OLG landete. Dieses entschied aber nicht, sondern verwies den Rechtsstreit wieder zurück an das LG, das seiner Amtsermittlungspflicht nicht nachgekommen sei. Familiengerichte müssen den Sachverhalt nämlich so weit aufklären, dass er eine möglichst zuverlässige Tatsachengrundlage bildet. Erst aufgrund derer könne dann eine am Wohl des Kindes orientierte Entscheidung getroffen werden. Bei Entscheidungen von großer Tragweite – wie der zum Aufenthalt des Kindes – kann auch die Einholung eines psychologischen Sachverständigengutachtens erforderlich sein. Wurde dieses nicht eingeholt, kann die Sache zurückverwiesen werden.
Hinweis: Geht es bei Ihnen auch um derart existentielle Entscheidungen, dann achten Sie darauf, dass das Gericht alle möglichen Aufklärungsmaßnahmen ausschöpft, bevor es entscheidet. Tut es das nicht, dann regen Sie die weitere Aufklärung an.
Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 30.10.2024 – 20 UF 63/24
zum Thema: | Familienrecht |
(aus: Ausgabe 01/2025)
Auch wenn die Corona-Pandemie vorüber scheint – die Gerichte beschäftigt sie aber noch immer und womöglich noch länger. Lang erwartet wurde die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu einem im August 2023 ergangenen Urteil über einen Familienrichter, der sein Amt dazu benutzt hatte, dass Corona-Schutzmaßnahmen in Schulen nicht durchgesetzt werden können.
Der Familienrichter erließ im April 2021 eine einstweilige Anordnung, die es den Leitungen und Lehrkräften zweier Weimarer Schulen untersagte, einzelne der seinerzeit geltenden Maßnahmen des Infektionsschutzes zur Eindämmung der Verbreitung des Corona-Virus SARS-CoV‑2 gegenüber den dort unterrichteten Kindern durchzusetzen. Die Entscheidung des Richters war wohlvorbereitet. Schon Anfang 2021 hatte er die Absicht zu dieser Entscheidung gefasst und zielgerichtet dafür gesorgt, dass diese Verfahren in seinem Zuständigkeitsbereich landen. Sonst hätte die Gefahr bestanden, dass ein anderer Richter entscheidet, und das nicht in seinem Sinne. Der Familienrichter wollte “seine” Entscheidung auf Biegen und Brechen treffen.
Der BGH bestätigte das ergangene Urteil des Landgerichts Erfurt (LG), da der Richter sein Richteramt zielgerichtet benutzt und missbraucht hatte. Er hatte sogar über seine private E‑Mail-Adresse Kontakt zu Gutachtern aufgenommen, die seine Meinung zur Pandemie stützten. Diese habe er dann im Verfahren eingesetzt, um seine Anordnung treffen zu können. Das ist Rechtsbeugung. Somit hat das Urteil des LG vor dem BGH Bestand, mit dem der Angeklagte wegen Rechtsbeugung zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden war.
Hinweis: Das Handeln des Richters zeugt von einiger krimineller Energie. Sollte in Ihrem Verfahren ein Richter wesentliche Verfahrensgrundsätze außer Acht lassen, offensichtlich eigene Ziele verfolgen oder “blind” zu einer Seite tendieren, dann lehnen Sie ihn ab! Sie haben ein Recht auf eine neutrale Verfahrensleitung, dies muss eingefordert werden! Gerade, wenn es um Kinder geht, darf die Justiz nicht ihre eigenen Wege gehen!
Quelle: BGH, Urt. v. 20.11.2024 – 2 StR 54/24
zum Thema: | Familienrecht |
(aus: Ausgabe 01/2025)
In familienrechtlichen Verfahren kann es angezeigt sein, einen Verfahrensbeistand zu bestellen. Dieser erhält als Vergütung eine gesetzlich vorgesehene Fallpauschale. Kann dieser, wenn er in seiner Funktion als Beistand selbst etwas verauslagt, das dann on top erhalten? Meistens nicht, wie der folgende Fall zeigt, der bis vor den Bundesgerichtshof (BGH) ging.
In einem familienrechtlichen Verfahren wurde ein Verfahrensbeistand für eine Frau bestellt. Diese war Araberin und sprach schlecht Deutsch, so dass der Beistand einen Dolmetscher engagierte. Das war aus richterlicher Sicht auch angezeigt. Der Dolmetscher stellte schließlich 207 EUR in Rechnung, die der Verfahrensbeistand auch beglich. Natürlich machte er die 207 EUR neben seiner gesetzlichen Vergütung dann auch geltend und beantragte die Festsetzung seiner Beistandskosten und der Auslage als zusätzliche Kosten. Damit scheiterte er jedoch vor dem BGH.
Der Vergütungsanspruch des berufsmäßigen Verfahrensbeistands ist laut § 158c Abs. 1 Satz 1 und 2 Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheitend der freiwilligen Gerichtsbarkeit geregelt. Der Verfahrensbeistand erhält demnach eine Pauschale, die auch die Aufwendungen des Verfahrensbeistands umfasst – seine Fahrtkosten, aber auch etwaige Dolmetscherkosten für Gespräche mit dem Kind und/oder seinen Eltern. Ein Verfahrensbeistand muss mit seinen “Schützlingen” schließlich sprechen können. Daher ist es grundsätzlich bei Sprachbarrieren geboten, einen Dolmetscher zu engagieren. Da die Kommunikation aber Hauptaufgabe des Beistands ist, ist es auch gerechtfertigt, die Kommunikationskosten über die Pauschale abzugelten. Sonst würde man die Kosten “durch die Hintertür” zu Gerichtskosten machen können.
Hinweis: Prüfen Sie immer genau, was Ihr Beistand abrechnet. Nur so vermeiden Sie es, dass die Kostenlast versteckt über vermeintliche Hinzuziehung eines Dolmetschers oder eines anderen Sachverständigen in die Höhe getrieben wird.
Quelle: BGH, Beschl. v. 25.09.2024 – XII ZB 110/23
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(aus: Ausgabe 01/2025)
Besteht zwischen Vormund und Mündel ein Interessengegensatz, kann dem Vormund die Vormundschaft entzogen werden (§ 1789 Abs. 2 Satz 4 Bürgerliches Gesetzbuch) – und zwar ganz oder teilweise. Dieses Urteil, in dem das Oberlandesgericht Bamberg (OLG) die diesbezügliche Entscheidung der Vorinstanz bestätigte, zeigt deutlich, wann und warum dies angebracht sein kann.
Strittig war hier die Vertretungsbefugnis einer Kindsmutter. Sie wollte die Entscheidung für ihr 14-jähriges Kind treffen, ob sich dieses in einem Verfahren gegen seinen Vater als Nebenkläger anschließt. Dem Kindsvater wurde der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs zum Nachteil des Kindes gemacht. Das Amtsgericht (AG) setzte daher eine Ergänzungspflegschaft für die Frage des Anschlusses als Nebenklägerin im Strafverfahren gegen den Vater und gegebenenfalls zur Vertretung der Nebenklage im Strafverfahren ein. Das AG begründete dies damit, dass auch zwischen Mutter und Kind ein Interessengegensatz in dieser Frage nicht ausgeschlossen werden könne.
Die Entscheidung des AG wurde vor dem OLG bestätigt. Entscheidend für die Frage der Ergänzungspflegschaft ist es, ob ein erheblicher Interessengegensatz tatsächlich bestehe oder zumindest ernsthaft drohe. Hier kann eine Interessenkollision zum Beispiel deswegen bestehen, weil der Vater erstinstanzlich freigesprochen wurde, die Mutter den Vater dabei schwer belastet hatte und in der ersten Instanz Verfahrensfehler angemahnt wurden. Dennoch könne sich das Kind aber Umgang mit seinem Vater wünschen und eigene Angaben zum Tatvorwurf machen wollen. Zudem könne nicht ausgeschlossen werden, dass ein Loyalitätskonflikt des Kindes in Bezug auf die Erwartungen der Mutter bestehe. Diese Möglichkeiten bergen die Gefahr, dass das Kind unter dem Druck der Mutter im Verfahren eben das sagt, was die Mutter hören wolle. Diesem Konflikt wollte das AG entgegenwirken, und das OLG gab diesen Bedenken recht.
Hinweis: Es kommt immer auf die Sicht des Mündels an. Können hier Konflikte entstehen, Drucksituationen oder gar Ängste geschürt werden, ist eine Pflegschaft anzudenken. So kann jeder neutral und unbefangen agieren. Dies wiederum dient in gerichtlichen Verfahren der Wahrheitsfindung. Nur so können gerechte Urteile und Beschlüsse gefällt werden.
Quelle: OLG Bamberg, Beschl. v. 20.11.2024 – 2 WF 121/24 e
zum Thema: | Familienrecht |
(aus: Ausgabe 01/2025)