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Zum Thema Sonstiges
- Haft und Schadensersatz: Kein Verjährungsschutz bei vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträgen
- Kein Schmerzensgeld: Auf Friedhöfen muss mit Unebenheiten und kleinen Stolperfallen gerechnet werden
- Ungültige AGB-Klausel: Trotz “Fund” und Rückgabe von 600.000 EUR geht Entrümpelungsfirma leer aus
- Unsichere Anlage empfohlen: Bank vermittelt Kundin falschen Eindruck zur Verlässlichkeit von Immobilienfonds
- Wer zahlt die Tür? Wer die Polizei in die eigene Wohnung ruft und dann nicht öffnet, haftet mit
Das Landgericht Lübeck (LG) musste sich mit der Frage beschäftigen, ob sich ein ehemaliger Geschäftsführer auf Verjährung berufen kann, wenn er Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt hat. Es ging um eine gesetzliche Krankenkasse, die Schadensersatz verlangte, den die Deutsche Rentenversicherung (DRV) für sie geltend machte. Dass der Mann für seine 41fache Veruntreuung der Sozialleistungen sogar ins Gefängnis musste, half ihm bei der Nachforderung nichts.
Der Geschäftsführer einer GmbH hatte zwischen 2016 und 2018 mehrere Beschäftigte nicht zur Sozialversicherung gemeldet und dadurch einige fällige Beiträge eingespart. Nachdem das Hauptzollamt den Missstand entdeckt hatte, übernahm die DRV daraufhin die Prüfung. Die DRV stellte im Januar 2020 schließlich fest, wie viele Beiträge fehlten. Im Insolvenzverfahren der GmbH erhielt die Krankenkasse jedoch nur einen geringen Anteil, weshalb sie im September 2022 vom Geschäftsführer persönlich knapp 187.000 EUR Schadensersatz für das Jahr 2016 einforderte. Dieser meinte hingegen, die Forderung sei verjährt. Die Klage sei nicht rechtzeitig zugestellt worden, unter der angegebenen Adresse habe er zudem nicht gewohnt.
Das LG sah das anders. Die dreijährige Verjährungsfrist habe erst Ende 2019 zu laufen begonnen – für einen Schaden, der aufgrund der unterbliebenen Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen im Jahr 2016 entstanden war. Hiervon hatte die DRV 2019 Kenntnis erlangt – und eben dies sei entscheidend, nicht etwa die Kenntnisnahme der Krankenkasse. Auch sei die Klage “demnächst” im Sinne des Gesetzes zugestellt worden – die Verzögerung durch die falsche Adresse sei der Klägerin nicht anzulasten. Zudem habe die Klägerin rechtzeitig Gerichtskosten gezahlt und das Verfahren nach der strafrechtlichen Verurteilung des Geschäftsführers – er wurde 2023 wegen Vorenthaltens und Veruntreuung von Sozialversicherungsbeiträgen in 41 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt – wieder aufgenommen. Die Verjährung sei dadurch rechtzeitig gehemmt worden.
Hinweis: Wenn Arbeitgeber Beiträge zur Sozialversicherung nicht abführen, kann das teuer werden – auch noch Jahre später. Entscheidend für die Verjährung ist die Kenntnis der Rentenversicherung, nicht der Krankenkasse. Wer hofft, sich durch Formfehler der Haftung zu entziehen, hat schlechte Karten.
Quelle: LG Lübeck, Urt. v. 25.04.2025 – 10 O 255/23
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(aus: Ausgabe 08/2025)
Man pflanzt, zupft und gießt und plötzlich liegt man darnieder? Auf einem Friedhof gut möglich, wenn man nicht auf die naturgemäßen Unebenheiten achtet, die eine solche Ruhestätte nun einmal mit sich bringt. Das Landgericht Köln (LG) musste kürzlich entschieden, ob eine alte Dame nach ihrem Sturz auf einem Friedhof in Bergisch Gladbach dennoch einen berechtigten Anspruch auf Schmerzensgeld hat.
Die 79-Jährige war im Mai 2023 auf einem Friedhof vor einer Grabstelle gestürzt und hatte sich dabei den Oberschenkel gebrochen. Sie meinte, dass ein Betonsockel und Wurzeln durch Regen freigespült worden seien und dadurch eine gefährliche Stolperfalle entstanden sei. Diese Stelle habe sie nicht erkennen können. Die Stadt habe somit ihre Pflicht verletzt, für sichere Wege zu sorgen. Deshalb forderte die Frau 3.300 EUR Schmerzensgeld und klagte. Die Stadt sah das anders: Die Unebenheiten seien durchaus sichtbar gewesen, die Wurzeln hätten maximal eineinhalb Zentimeter aus dem Boden geragt, und auf einem Friedhof hätte die Frau mit derlei Stellen rechnen müssen. Außerdem sei der Unfall nicht auf einem Hauptweg passiert, sondern direkt an der Grabstelle.
Das LG schloss sich dieser Auffassung an und wies die Klage ab. Nach Ansicht des Gerichts hatte die Stadt keine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Denn Fotos zeigten, dass die Stelle nicht gefährlich gewesen sei. Selbst auf normalen Gehwegen müsse man kleinere Höhenunterschiede von bis zu zwei Zentimetern hinnehmen – erst recht gelte das auf einem Friedhof. Dort müsse man mit Wurzeln, Bodenunebenheiten oder anderen natürlichen Hindernissen rechnen. Außerdem befand sich die Frau nicht auf einem Weg, sondern an einer Grabstelle. Wer sich dort bewege, müsse besonders aufmerksam sein.
Hinweis: Wer sich auf einem Friedhof bewegt, muss mit kleineren Unebenheiten rechnen. Eine Stadt muss nicht jede Wurzel oder jeden Sockel absichern. Nur bei klar gefährlichen Stellen besteht eine Pflicht, diese zu beseitigen oder zumindest zu kennzeichnen.
Quelle: LG Köln, Urt. v. 14.01.2025 – 5 O 245/24
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(aus: Ausgabe 08/2025)
So mancher Geschäftszweig bringt es mit sich, des Öfteren mit vollen Händen ins Glück zu fassen. In diesem Fall meldete eine Entrümpelungsfirma Anspruch auf einen Teil von über 600.000 EUR Bargeld an, das sie bei einer Wohnungsauflösung gefunden hatte – und zwar 100.000 EUR. Ob dieser stolze Betrag als Finderlohn oder mit Verweis auf eine Klausel der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zu Recht eingefordert wurde, musste das Landgericht Köln (LG) bewerten.
Die Firma aus Bayern hatte die Wohnung einer Frau aufgeräumt, die nach Köln umziehen wollte. In der Wohnung fand das Team in Windelpackungen und anderen Verstecken Bargeld, Schmuck und Münzen. Insgesamt ging es um Werte im sechsstelligen Bereich. Laut AGB der Firma sollten alle Gegenstände in der Wohnung automatisch in ihr Eigentum übergehen, sobald die Arbeit beginnt. Die Firma gab das gefundene Geld aber auf Wunsch des Betreuers der Auftraggeberin an dessen Kollegin heraus. Später verlangte das Unternehmen dann doch noch Geld dafür – als Bezahlung oder wenigstens als Finderlohn.
Das LG sah für diesen Anspruch allerdings keine rechtliche Grundlage. Die Klausel in den AGB war schlichtweg unwirksam, da sie die Auftraggeberin unangemessen benachteiligt hatte. Niemand könne allein durch Vertragsklauseln einfach Eigentum an fremden Sachen erhalten. Das gelte besonders, wenn es um Wertgegenstände gehe, die an schwer zugänglichen Orten versteckt waren und bei einer normalen Wohnungsdurchsicht nicht auffallen konnten. Auch ein Finderlohn sei ausgeschlossen, weil das Geld nicht “verloren” gewesen sei. Die Wohnung und ihre Inhalte hätten weiterhin im dem Besitz der Auftraggeberin gestanden. Damit lag logischerweise auch kein Fund im rechtlichen Sinn vor.
Hinweis: Wertvolle Gegenstände in einer Wohnung gehören nicht automatisch der Entrümpelungsfirma. Wer sie findet, kann nicht ohne weiteres Eigentum oder Finderlohn verlangen. Ein klarer Vertrag oder eine besondere Vereinbarung wären nötig gewesen.
Quelle: LG Köln, Urt. v. 08.05.2025 – 15 O 56/25
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(aus: Ausgabe 08/2025)
Geldanlagen werden durch die digitalen Angebote nicht unbedingt einfacher. Da ist es gut, einen versierten Berater an seiner Seite zu wissen. Oder etwa nicht? Das Landgericht Stuttgart (LG) hat sich mit der Frage beschäftigt, ob eine Bank bei der Empfehlung eines offenen Immobilienfonds ihre Beratungspflicht verletzt habe. Im Mittelpunkt stand die Beratung einer unerfahrenen Anlegerin, die ihr Geld sicher anlegen wollte.
Die Kundin hatte sich Anfang 2023 bei ihrer Bank beraten lassen, wie sie 20.000 EUR investieren solle. Sie wollte das Geld für mehr als fünf Jahre anlegen und erklärte, dass sie gewisse Risiken in Kauf nehmen würde. Die Bank entwickelte daraufhin eine Strategie mit vier Bausteinen: zwei Fonds, ein Zertifikat und ein Festgeld. Unter anderem empfahl die Bank zudem einen offenen Immobilienfonds – und genau hier sah das LG den Fehler. Die Kundin hatte keinerlei Erfahrung mit solchen Fonds. Die Bank hatte ihr jedoch den Eindruck vermittelt, dieser Fonds sei besonders sicher und könne als “sicherer Baustein” im Depot dienen – so wie ein Festgeld. Die Kundin kaufte daraufhin Anteile für 5.000 EUR. Später bemerkte sie, dass der Fonds keineswegs so sicher war, wie sie gedacht hatte. Sie fühlte sich falsch beraten und wollte ihr Geld zurück.
Das LG gab ihr Recht: Die Bank hätte deutlicher erklären müssen, dass ein offener Immobilienfonds kein Ersatz für ein Festgeld ist. Auch, wenn das Produkt als risikoarm eingestuft war, unterlag es dennoch Wertschwankungen. Das Risiko, dass sich der Wert verändert oder dass das Fondsmanagement Fehlentscheidungen trifft, gehörte dazu – das hätte die Bank der Kundin deutlich sagen müssen. Weil die Bank dies versäumt hatte, musste sie der Kundin das Geld erstatten. Einen zusätzlichen Anspruch auf entgangene Zinsen oder Gewinne gab es hingegen nicht, da nicht klar war, in welches andere Produkt die Kundin stattdessen investiert hätte.
Hinweis: Wer sich bei Geldanlagen unsicher ist, sollte vor dem Kauf unbedingt nachfragen, wie sicher ein Produkt wirklich ist. Auch vermeintlich “ruhige” Anlagen wie Immobilienfonds können im Wert schwanken. Banken müssen ehrlich beraten – besonders bei Kunden ohne Vorerfahrung.
Quelle: LG Stuttgart, Urt. v. 15.05.2025 – 12 O 287/24
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(aus: Ausgabe 08/2025)
Wer hat sich nicht schon einmal gefragt, was wäre, wenn sich die Polizei bei einem Einsatz irrt und plötzlich im eigenen Schlafzimmer steht? Was in vielen Filmen für Schmunzler sorgt, war im Folgenden weder Irrtum noch witzig. Das Landgericht Köln (LG) musste im hier behandelten Fall entschieden, ob Mieter für die Schäden an der Wohnungstür haften können, die sie durch ihr Verhalten und den damit verbundenen Polizeieinsatz mitverursacht haben.
Ein Bauträger hatte eine Wohnung an eine Käuferin verkauft, die sie dann weitervermietete. Eben jener Mieter wohnte dort mit seinem Ehemann, als es im Juni 2021 zu einem heftigen Streit in den vier Wänden kam. Der Mieter selbst rief die Polizei und sagte am Telefon, dass sein Partner die Wohnung “auseinandernehmen” würde. Als die Polizei schließlich vor Ort eintraf, vernahm sie Lärm, der auf Streit hinwies. Sie klopfte und rief lautstark und gab sich zu erkennen – aber niemand öffnete. Schließlich brach die Polizei die Wohnungstür auf, weil sie von einem Fall häuslicher Gewalt ausgehen musste. Die Tür und besonders die Türzarge wurden dabei so stark beschädigt, dass sich die Reparatur auf über 17.000 EUR belaufen sollte. Die Eigentümerin der Wohnung wollte diesen Betrag von den Mietern zurück.
Das LG sprach ihr einen Teil davon zu. Dabei hatten die beiden Männer, die sich zum Zeitpunkt des Vorfalls in der Wohnung aufhielten, aber noch Glück und mussten “nur” rund 2.135 EUR zahlen. Sie hatten den Polizeieinsatz und damit auch die Türöffnung durch ihr Verhalten schlichtweg mitverursacht. Dass sie die Tür nicht selbst zerstört hatten, spielte dabei keine Rolle. Entscheidend war vielmehr ihr Verhalten, das den Polizeieinsatz notwendig gemacht hatte. Die Beamten hörten den Streit schon beim Betreten des Hauses und hatten gewarnt, dass sie Gewalt anwenden würden, wenn niemand öffnet. Laut Gericht war die Türöffnung daher rechtmäßig.
Hinweis: Wer durch eigenes Verhalten einen Polizeieinsatz auslöst, kann für die dabei entstandenen Schäden haften – auch wenn die Polizei die Schäden verursacht. Das gilt besonders bei Gewalt oder eskalierenden Streits in der Wohnung.
Quelle: LG Köln, Urt. v. 08.04.2025 – 32 O 77/22
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(aus: Ausgabe 08/2025)